Die rückgängige Kriminalitätsrate mag durchaus auch daran liegen, dass zunehmend höhere Zahlen von Vorfällen gar nicht mehr bearbeitet werden.
Was die gestiegene Kriminalität durch EINIGE Flüchtlinge angeht, gibt es hier einen relativ gut ausbalancierten Artikel. Und nur um das klar zu stellen: Ich gebe weder allen Flüchtlingen die Schuld, noch rechtfertige ich einen Nazimob. Ich bringe lediglich einige Strukturfaktoren auf, die dazu führen können, dass sich Leute am Ende leider mit den völlig falschen Leuten solidarisieren. Und ich lehne es ab, jeden, der die Zuwanderungspolitik (um das handelt es sich nämlich bei einem großen Anteil der Flüchtlingskrise wirklich), mit Nazis in einen Topf zu schmeißen, zumal da manchmal auch die Frage erlaubt sein muss, wer da wen unterwandert (genau wie beim Gipfel in Hamburg letzten Sommer). Dennoch lehne ich diese "Verbrüderung" ab, keine Frage. Aber der Reihe nach:
https://www.sueddeutsche.de/pa…mehr-zuwanderer-1.3811192 - Allgemeiner Anstieg besonders bestimmter Delikte, unverhältnismäßig hoher Flüchtlingsanteil in diesen Delikten, relativ klar zuzuordnen einiger bestimmter Herkunftsländer und Kulturen, die im Zuge der Flüchtlingskrise massiv nach Deutschland kamen. Und anders als z.B. bei Syrern (die relativ friedlich scheinen und einem Bürgerkrieg entkommen sind) ist bei nicht wenigen aus genau diesen Ländern der Asylanspruch oft umstritten.
Ähnlich und noch genauer aufgedröselt ist das hier: https://www.welt.de/politik/de…-von-Zuwanderern-vor.html - An dieser Stelle sei auch noch mal angemerkt, dass Ausländer und Flüchtlinge natürlich nicht die Mehrheit der Straftaten begehen, man dies aber auch im Verhältnis zum Gesamtbevölkerungsanteil sehen muss (8,6% bei ca. 2%).
Nun sind diese Statistiken zwar nicht fehlerfrei, weil sie immer noch nur den angezeigten Verbrechen berücksichtigen (können) und es Verzerrungen beim Anzeigeverhalten gibt. Auch problematisch ist, dass zwischen der Kategorie Zuwanderer und Deutschem Staatsbürger eine Menge Unterkategorien sind, die man mal etwas genauer berücksichtigen sollte. Dennoch kommt man am Ende zu einigen Schlussfolgerungen.
Seit 2015 (da war doch was) sind einige Delikte, insbesondere Gewalt- und Tötungsdelikte durchaus nennenswert gestiegen - und der Anteil an "Zuwanderern" ist dabei überdurchschnittlich hoch, insbesondere aus den Maghreb Staaten, Georgien, Tschetschenien und einigen anderen. Gleichzeitig ist der Anteil der Menschen mit bewilligtem und berechtigtem Asylanspruch in diesen Delikten (oder Delikten überhaupt) niedrig - weswegen dies auch kein "Asylantenproblem", sondern ein "Zuwanderungsproblem" ist.
Da gebe ich dann auch noch den Artikel hier zu Protokoll, der auch ein wenig auf die strukturellen Hintergründe eingeht: https://www.zeit.de/news/2018-…nalitaet-180608-99-636763 - Zusätzlicher Faktor sind hier also demographische Faktoren wie Alter und Geschlecht der Täter. Die wurden durch den blinden Aktionismus von 2015 allerdings geschaffen/begünstigt.
Offene Fragen gibt es beim konkreten Anstieg der Messerstechereien. Da könnte es einen Anstieg mit ebenfalls großem "Zuwanderer" Anteil gegeben haben, aber die Zahlen sind Stand jetzt nicht belastbar. Da es in den letzten Jahren aber einige sehr heftige Vorfälle dieser Art gab, trägt das in Kombination mit den anderen genannten und belastbaren Faktoren leider sehr zur öffentlichen Meinung bei. Das KÖNNTE, MUSS aber nicht eine "gefühlte" Wahrheit sein. Schwierig wird es auch bei Terror. In absoluten Zahlen gab es in den letzten Jahren erheblich mehr nationalistische Anschläge, als zum Beispiel islamistische. Die Islamisten haben hingegen erheblich mehr Todesopfer produziert - im Deutschland im Kleinen und europäisch (insbesondere z.B. in Frankreich). Genau wie der Bereich Kriminalität sind das nunmal beides Kategorien, die viele Menschen besonders emotional treffen.
Nun ist die "Flüchtlingskrise" natürlich weder das Ende noch der Anfang der ganzen Chose. Zusätzlich wird das Ganze nämlich noch mit zwei weiteren Faktoren in einen Topf geschmissen:
1. Die allgemein völlig fehlgeleitete Integrations- und Einwanderungspolitik Deutschlands
Diese hat über Jahrzehnte hinweg einen fatalen Bock nach dem anderen geschossen und damit ein Problem nach dem anderen verursacht. Man kann meiner Meinung nach Migranten aller Art nicht von einer gewissen Eigenverantwortung im Bereich freisprechen, die diese zu schultern und auszuüben haben. Man muss aber insbesondere auch festhalten, dass die Böcke der Politik, ebenso wie zuwanderungsfeindliche Bevölkerungsanteile hier einen ziemlich großen Anteil an der Misere tragen - was sich letzten Endes in Parallelgesellschaften ausdrückt, die zwar noch nicht unbedingt die Qualität von Teilen Frankreichs erreicht haben, aber dennoch seit Jahrzehnten ein riesen Problem mit Bezug auf Kriminalität darstellen. (Mit "Ausländern" hat das übrigens wenig zu tun, viele Menschen dort haben einen deutschen Pass und sind somit keine Ausländer). Die Antwort darauf kann aber auch nicht unbedingt unkontrollierte Zuwanderung sein, die genau in diese Strukturen stattfindet. Und da ist es schon sehr ironisch, dass nun ausgerechnet die CDU/CSU, die seit Jahren nicht anerkennen konnte und wollte, dass Deutschland nicht nur ein Zuwanderungsland ist, sondern auch sein sollte, und ein vernünftiges und ausbalanciertes Einwanderungsgesetz seit Jahren blockiert hat, sich dann 2015 nun ausgerechnet für diesen Weg entschieden hat. Nun kann man die Grenzöffnung moralisch befürworten, aber das hätte man dann halt schon mit etwas mehr als "Wir schaffen das" unterfüttern müssen. Man hätte richtig Geld in die Hand nehmen können und müssen - aber nein, die Schwarze Null war ja wichtiger. Das führt zu...
2. Der völlig verfehlten Innenpolitik der letzten Jahre
Diese befeuert viele der aktuellen Ressentiments. "Man kann auch arm sein, ohne sich gleich mit Nazis zu verbünden". Das ist natürlich völlig richtig und wird auch von vielen Empfängern von Transferleistungen so betrieben. Gregor Gysi hat völlig zurecht einen "besorgten Bürger" darauf hingewiesen, dass es ihm ohne Flüchtlinge heute nicht besser ginge, weil auch ohne 2015 der Regelsatz für ALG-II keinen Deut höher wäre (bzw. er dadurch nicht abgesenkt wurde), die Mieten ohnehin gestiegen wären und die Zinspolitik der Banken auch weiterhin fatal gewesen wäre. Das ist natürlich alles richtig. Nun kennen wir aber leider auch das Problem der Denkzettelwahl und was diese strukturell begünstigt. Zuwanderung und Flüchtlinge sind nicht Schuld am boomenden Niedriglohnsektor. Es ist nicht der Fehler von Zuwanderern, dass Gesundheitssystem, Bildung, Rente und der Sozialstaat stellenweise als solches kurz vor dem Kollaps stehen und die Infrastruktur Deutschlands insbesondere außerhalb von Großstädten immer mehr zur Bananenrepublik wird. Sie stellen aber eine weitere "Belastung" dar. Das könnte man politisch lösen, in erster Linie mit Geld. Volker Pispers hat das vor Jahren schon herausgearbeitet. Ein paar Jahre später muss sich selbst Sahra Wagenknecht (!!!) schon den Vorwurf des Rechtspopulismus anhören.... Polarisierung ist ein Spiel, das immer zwei Seiten beinhaltet.... Und was machen Leute, wenn sie sich von einer Ideologie bzw. entsprechender Politiker verarscht fühlen? Sie gehen dahin, wo sie am meisten Trefferwirkung haben, am lautesten gehört werden oder zumindest das Gefühl haben, überhaupt noch gehört werden. Das macht diese Menschen aber noch nicht zu Nazis. Sie jetzt zu Nazis zu deklarieren hilft aber sehr, sie am Ende wirklich in deren Arme zu treiben... Mit den wirklichen Nazis kann man sich die Rederei oft sparen, da ist Hopfen und Malz verloren und da gibt es auch strukturell nichts zu rechtfertigen - ich denke da sind wir uns in diesem Forum alle einig. Was gerade in Chemnitz symbolisch für große Teile des Landes passiert, ist aber mehr als nur der abartige marodierende Nazimob.
Genau das ist die Differenzierung, die ich mir in Chemnitz ein wenig mehr gewünscht hätte. Stellenweise wird sie auch vorgenommen, ich verweise da mal auf Serdar Somuncu.
Und jetzt noch eine zumindest etwas gefühlte Wahrheit, die aber auch stellenweise in echten Kriminalitätsstatistiken belegbar ist.... Ich bin in Berlin-Neukölln zur Oberschule gegangen und das ist schon sehr, sehr lange ein sehr multikultureller Bezirk gewesen, ebenso wie es seit jeher ein Bezirk mit Problemen ist. Armut, Kriminalität, Drogenmissbrauch, Alkoholismus - das alles gibts dort schon sehr lange und die Gründe dafür sind natürlich nicht durch Rassismus und Ausländerhass zu begründen, sondern durch strukturelle Hintergründe (Armut, Perspektiven, usw.) - dennoch kenne ich niemanden, der in all den Jahren Schiss vor dem Bezirk hatte, sich dort abends nicht mehr auf die Straße getraut hätte oder pauschale Schuldzuweisungen rumgeworfen hätte (letzteres wird es sicherlich in gewissen Anzahlen schon länger geben, aber ich persönlich habe davon nicht viel mitbekommen). Das Zusammenleben hat hier eigentlich immer ganz gut funktioniert. Bewohner, Polizei und Geschäftstreibende äußern sich inzwischen teilweise aber ganz anders.... Seit 2015 ist die Lage dort derartig aggressiv und schlimmer geworden, dass du inzwischen ohne Probleme türkisch- und arabischstämmige Kioskbetreiber und Anwohner finden kannst, die positiv von der AFD sprechen, weil die sich als Migranten oder Nachfahren von Migranten inzwischen selbst von einer Zuwanderungspolitik verarscht fühlen, die die Strukturen in ihrer Heimat derartig negativ beeinflusst hat (und erneut ist Kriminalität hier eins der Hauptargumente) - sind die jetzt auch Nazis?
Das alles ändert nix daran, dass Nazis absolut verachtungswürdig sind. Nichts davon stellt das Menschenrecht auf Asyl in Frage, dem Deutschland verpflichtet ist und verpflichtet zu sein hat. Du wirst mich zu keiner Zeit befürworten hören, Afrika sich selbst zu überlassen, die Menschen im Mittelmeer absaufen zu lassen oder Menschen, die Menschen retten pauschal und unreflektiert zu kriminalisieren. Nichts davon sagt, dass man alle über einen Kamm scheren darf oder soll. Aber genau letzteres ist der Punkt. Die letzten 3 Jahre in Deutschland waren erheblich komplizierter als Nazi? Ja/Nein oder Asyl? Pro/Kontra.
In sofern finde ich dieses Statement eines bei mir eher unbeliebten Sängers einer bei mir eher unbeliebten Band tatsächlich einen guten Versuch, einen Aufruf gegen Rechte Gewalt mit Neutralität und weniger ideologischem Zeigefinger zu verbinden. Damit wir am Ende endlich mal wieder beim Thema wären
Zu den Zusammenhängen zwischen Kolonialismus, europäischer Wirtschaftspolitik und Waffenlieferungen und Flüchtlingszahlen, die allesamt vorhanden sind, gäbs auch einiges zu sagen - aber nicht unbedingt im Bandbereich.
Dieser Roman ist jetzt lang genug.