Am Sonntagabend spielten Nick Cave und seine Freunde in Zürich - Hallenstadion. Da, wo die 2 Tage davor die Hosen standen, dirigierte am Sonntag dann Mr. Cave die Menge. In seiner einzigartigen Form und Fähigkeit.
Es war für mich nicht ganz einfach zu switchen - von den Hosen zu Nick Cave. Ich erinnerte mich aber, dass ich 2005 oder so bei Mando Diao war, die ich damals unglaublich geil fand, und 2 Tage später bei Nick Cave. Da hatte ich ein ähnliches Problem. Da mich damals Nick Cave jedoch komplett verzauberte und mitriss in seine Welt, wusste ich, dass trotz Hosen-Modus diese gut 2 Stunden was Aussergewöhnliches werden.
Und so kam es auch...
Im Gegensatz zum Freitag bei den Hosen lief alles gesittet - innerhalb von 2 Minuten war ich in der Halle, traf dort noch 2, 3 Freunde und wir gingen in den Innenraum. Sowas wie eine Vorband hat Cave nicht nötig. Es braucht keinen Aufheizer, wenn man in der Lage ist, das Publikum in eine violette Seifanblase der Melancholie zu packen, die einem wegträgt vom hier und jetzt - hin zu Orten des süssen Schmerzes und der Stille. Nicht, dass das Konzert ein endless Trauerkloss war - mitnichten. Wer Cave kennt weiss zu was der Mann, und gerade sein Clochard-affiner Kumpel Warren Ellis, im Stande ist. Wie er agiert, wie er dirigiert - wie er verzaubert. Seine Songs dauern live in der Regel um die 8 Minuten - man wird hin und her gerissen. Von stillen, ruhigen, verletzlichen Parts wieder hin zum Zorn und der unbeschreiblichen Dramaturgie.
Die Bühne war tiefschwarz, das Bühnenbild meist in kalten Blautönen, manchmal violett - was für mich einfach unglaublich passte. Cave im schwarzen Jackett, agil wie eh und je. Seine schlaksige Art, seine schwarzen Haare - der Typ wirkt immer noch wie vor 20 Jahren, als er der schönsten Wasserleiche ever eine Rose in den Mund legte. Geheimnisvoll, irgendwie düster und kaputt ohne dabei abstossend zu wirken. Irgendwie so ein bisschen wie David Bowie...
Ich muss zugeben, dass ich nicht jeden Song kannte. Die letzten beiden Alben habe ich zwar zu Hause liegen, jedoch ihnen bislang wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Doch das war egal. Mitgesungen hat eh keiner, da niemand mit seinem Müllorgan den Moment zerstören wollte. Es war eher besinnlich wie ein Gottesdienst - jedoch in gut und mit einem Zeremonienmeister, der nicht scheinheilig predigte, sondern zornig und unkontrolliert kontrolliert.
Am meisten ist mir persönlich der "Ship song" eingefahren... Finde den Song grundsätzlich schön, jedoch war er am Sonntag wie eine schwarze Rose. Unfassbar schön und faszinierend.
Auch mein Einsteiger-Song wurde gespielt; "Wheeping song" - aber ehrlich? Da fehlte mir Blixa Bargeld dann doch sehr. Die Symbiose und Chemie von Cave und Bargeld war einzigartig.
Gegen Schluss holte er um die 30 Leute aus dem Publikum auf die Bühne, die er vor die Band, jedoch hinter sich stellte - wie ein Chor. Selbst das hatte der Mann im Griff wie kein Zweiter. Es wirkte alles spontan, jedoch perfekt. Traurig, dennoch schön. Kalt und distanziert, jedoch zu Herzen gehend und warm. Seltsam. Guckt ihn euch an.... Nehmt die Chance wahr abzutauchen in eine kleine eigene Welt. Weg vom Stress des Alltags, hinein in ein Meer der Gefühle.
Viel zu schnell platzte dann die Seifenblase und man hing seinen Gedanken wieder nach "Oh Shit, mein Zug fährt in 10 Minuten", "Fuck, morgen muss ich früh raus" - aber die Nachwirkungen sind heute noch da. Es war wunderschön und friedlich und mit der Dröhnung der Hosen ein Wochenende, das alles abdeckte und von dem ich noch lange zehren darf!