Es war einmal...

  • Sehr geile Story! Ohne Scheiß, bei solchen Dingen geht mir immer das Herz auf.. Für solche Abende bin ich leider zu spät geboren, aber immerhin mache ich für mich persönlich das beste draus (Bochum, Köln als Clubkonzerte. Zweimal um tickets bemüht, zweimal erfolgreich :D)
    Aber, Deine Story Mike, Hammer! Neid? Nein.. Mich freut es für Menschen, solche Dinge miterlebt zu haben. Krass!

    Korn, Bier, Schnaps und Wein


    und wir hören unsere Leber schrein'

  • Klasse erzählt Mike! Ich gucke gerade nebenbei die Kohl Trauerfeier und lese das von dir. Nimmt mich wesentlich mehr mit.


    Campi Neid? Nein - wie du - absolute Freude, dass einer wie uns Pilly (kicher) sich in gewisser Weise offenbart . Und jeder schreibt seine Geschichten selber ;-).

  • Heute vor 4 Jahren habe ich schon mal den Bericht hier gepostet. Heute nochmal. Allerdings etwas abgewandelt.



    26.12.1998 Düsseldorf, Phillipshalle



    Es war mein drittes Hosen-Konzert damals und hat sich ganz zufällig ergeben. Zum Konzert selber kann ich gar nicht mehr so viel sagen; wohl aber noch zur Geschichte drum herum...


    Es war der zweite Weihnachtsfeiertag und ich hatte mit meinen Eltern den Deal eine damals im Urlaub kennengelernte Freundin in Hilden zu besuchen und durfte so ab mittags dem familiären Treiben entweichen. Also habe ich mich auf meinen altersbedingt noch auf 80 km/h gedrosselten Roller geschwungen, bin von Wuppertal aus nach Hilden getuckert und habe mir den Hintern abgefroren. Damals war ein Roller aber allemal cooler, als Bus fahren. Wobei cool war es tatsächlich...
    Bei der Dame angekommen entschieden wir uns dazu, mal nach Ddorf zu gurken und uns dort ein wenig umzuschauen. Dabei kamen wir nachmittags an der Phillippshalle vorbei, vor der viele Leute standen. Wir wurden neugierig und sind dorthin. Als wir hörten, dass die Hosen hier abends spielen sollten, wollte ich unbedingt dorthin. Das Mädel auch, aber die Schwazmarktpreise von ca. 50,- DM schreckten sie ab. Sie hatte das Geld nicht, ich nach einem Besuch eines Geldautomaten schon. Ich bot ihr an, Geld zu leihen, sie lehnte jedoch ab, weil sie es nicht hätte zurück zahlen können. Ich brachte die Dame wieder nach Hause und machte mich dann mit Bus und Bahn auf zur Halle. Etwas arschig, aber ich wollte dorthin und die Liebe meines Lebens wäre das Mädel vermutlich nie geworden. :D


    So war ich nun alleine auf diesem Konzert und war schwer begeistert. Konkrete Erinnerungen habe ich nur noch an "Alles ist eins", das ich am Todestag meines Vaters im Januar 1998 etliche male gehört und so eine besondere Beziehung zu diesem Lied habe.
    Ansonsten weiß ich noch, dass ich meine "sexy" grüne, lange Unterhose auf dem Klo heimlich habe verschwinden lassen, weil es damit viel zu warm war. Es war schwierig, ein Scheißhaus zu finden, das nicht so doll vollgekotzt war. Auf dem Roller war das grüne Ding schon nötig, aber mir wäre es eh unendlich peinlich gewesen, hätte mich jemand damit gesehen. Die zweite grüne lange Unterhose aus dem Doppelpack, habe ich bis heute. Sie liegt ganz unten in der Schublade und wird wohl nie mehr getragen werden von mir.


    Mein letzter Zug nach Hilden fuhr so, dass ich nicht mehr bis zum Ende des Konzertes bleiben konnte. Der Empfang in Hilden durch die holde Maid war etwas frostig; die Nacht verbrachte ich in einem Gästezimmer und nach dem nächsten Morgen hatte ich nie wieder was von ihr gehört.


    Die Erinnerungen und die Gefühle dieses für mich superspontanen Konzertes habe ich aber heute noch. Daher hat es sich gelohnt :D

    NEIN :!:

  • 28.12.2002 Böblingen - Sporthalle


    Da im Thread zum Konzert in Dortmund dieses Konzert zur Sprache kam, dachte ich mir, ich schildere mal dieses vollkommen skurrile Konzert aus meiner Sicht.


    Damals, ich war gerade 17 Jahre alte geworden, hatte ich meine erste richtige Freundin. Sie wohnte in Stuttgart, ich in NRW. Da "Niemals einer Meinung" unser Song war, war klar, dass wir uns Karten für das Konzert in Böblingen holen. Für mich sollte es das zweite DTH-Konzert werden. Ich bin also voller Vorfreude am 25. oder 26.12. runter zur ihr nach Stuttgart gefahren. Zunächst war alles gut, doch schnell merkte ich, dass etwas nicht stimmte. Ich sollte recht behalten. Am Tag vor dem Konzert machte sie mit mir Schluss. Für mich war das ein Schlag ins Gesicht. Neben dem Herzschmerz brachte es zwei Probleme mit sich: Ich wollte am nächsten Tag unbedingt zu den Hosen und meine Rückfahrtekarte war für den 2.1. gebucht. Ich musste also bei ihr bleiben. Wir sind dann am 28.12. tatsächlich gemeinsam gen Böblingen aufgebrochen. Im Zug haben wir dann noch Freunde getroffen. Auf dem Weg zur Halle standen wir an einer roten Ampel und ein Autofahrer hatte wohl gemerkt, dass DTH in der Stadt sind, und spielte deswegen in wahnsinniger Lautstärke Die Ärzte. Ich habe mich köstlich amüsiert. Vor der Halle angekommen, warteten wir noch, bis wir reingingen. Plötzlich tauchte ein LKW auf, Planen wurden weggemacht und es waren Schlagzeug, PA, Gitarren, etc. zu sehen. Ein paar junge Leute stürmten die "Bühne" und legten los. Es handelte sich um die Band "Räubertöchter", die ich zufällig durch einen Deutschpunksampler sogar kannte. Es war schon vor dem Konzert eine grandiose Aktion!
    The Bones als Vorband waren natürlich richtig gut. Dann legten die Hosen los. Ich stand ungefähr irgendwo in den letzten zehn Reihen und wollte zu Beginn direkt nach vorne. Das war problemlos möglich. Wellenbrecher gab es damals noch nicht und die Menge drehte sofort durch. Es hat keinen Song gedauert, da stand ich in der dritten Reihen. Neben mir schrie dann jemand beim zweiten Song "STOP!!". Alle um mich herum blieben sofort stehen und dann merkten wir, was los war. Ein Mädchen, komplett schwarz gekleidet und mit schwarzen Haaren lag mit dem Gesicht nach unten auf dem schwarzen Boden. Sie war bewusstlos. Hätte dieser Typ nicht gerufen, wäre sie mir gar nicht aufgefallen. Wir haben sie dann mit 5-6 Leuten hochgehoben und über die Menge Richtung Graben und Securities geschubst. Dort ist sie in Empfang genommen und von den Secs weggetragen worden.
    Später, als ich wieder bei meiner Gruppe war, haben mir Alle aus Liebe und Niemals einer Meinung ziemlich die Stimmung verdorben, Diese beiden Songs in dem Moment zusammen mit meiner plötzlichen Ex zu hören, war schon hart. Aber dann entwickelte sich das Konzert, so dass man einfach nur gute Laune bekommen konnte.Der Hauptteil des Konzertes verlief noch normal, doch schon die erste Zugabe hatte einige Highlights parat. So wurde "Azzurro" mit Toni am Mikrofon gespielt, da Campi meinte, er singe schöner und könne den Text, Toni wirkte etwas überrascht und musste aus dem Graben nach oben kommen. Dann gab es zu diesem Zeitpunkt auch erstmalig eine Roadie-Band. Das Westerland-Cover hätte ich jedoch nicht gebraucht. Als der zweite Zugabenblock beginnen sollte, wurde die Halle plötzlich wieder ganz duster und aus den Boxen dröhnte das damalige "Sirtaki"-Intro. Die Hosen stürmten die Bühnen und es wurde Ausswärtsspiel gespielt. Zum zweiten mal an diesem Abend, denn es war bereits der Opener gewesen. Anschließend baute man noch fix Opel-Gang ein, was mich tierisch freute, und dann meinte Campi, dass sie einen Kurzrückblick auf die Highlights des Abends geben würden, falls jemand zu spät gekommen sei. Daher wurden einige Songs teilweise nochmal gespielt. Man bemühte sich sogar, ungefähr dieselbe Bühnenshow zu machen. So sprang Campi an der exakt glechen Stelle bei Bayern wieder ins Publikum. In dem Moment war ich etwas sprachlos, habe ich aber köstlich darüber amüsieren können. Auch wenn man dadurch Madelaine zweimal an einem Abend ertragen musste ;) Nach dem Medley kamen einige andere Songs. Als Campino dann You'll never walk alone ankündigen wollte, brüllte des Publikum "Jetzt geht's los". Campino reagierte mit der Nachfrage, ob das ernst gemeint sei. Als das Publikum bejahte, sgate er nur: "Fahr nochmal das Intro ab!". Die Halle wurde wieder dunkel, der Sirtaki kam und zum dritten folgte an diesem Abend Auswärtsspiel, diesmal allerdings nicht mehr komplett. Ich stand daraufhin nur noch kopfschüttelnd in der Halle, fand die Aktion aber mehr als großartig. Dann kam allerdings wirklich You'll never walk alone und das Konzert war leider "schon" vorbei.
    Ich bin dann übrigens tatsächlich erst am 2.1. zurück nach NRW gefahren und meine Ex und ich haben noch gemeinsam Silvester gefeiert. Wir waren danach auch immer mal wieder bei Konzerten und stehen noch sporadisch bis heute in Kontakt. Ich muss sagen, es war nicht das beste DTH-Konzert, das ich jemals
    erlebt habe, aber mit Sicherheit das skurrilste: Die Wiederholungen der Songs, die anderen Highlights,eine Spiellänge von ca. 3 Stunden und letztendlich auch meine persönlichen Umstände haben dazu beigetragen und sorgen dafür, dass ich diesen Abend wohl nie vergessen werde.


    Hier mal der Link zur Setlist von diesem denkwürdigen Konzert:
    http://dth-dta.de/index.php?op…our=26&Itemid=169&lang=de

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  • Dortmund 25.04.2002

    Als ich heute Morgen wach im Bett lag, dachte ich irgendwie über mein erstes Hosen-Konzert nach. Auch wenn es keinen Jahrestag hat, möchte ich euch diese Geschichte nicht vorenthalten.:


    Rückblickend betrachtet ist dieser Tag wohl einer der beiden wegweisendsten meiner Jugend geworden. Der erste wichtige Tag war wohl der, als ich mit gerade 15 geworden das erste Punkrockkonzert meines Lebens bei uns im Jugendzentrum besuchte. Denn plötzlich wusste ich, dass es sowohl musikalisch als auch menschlich einen Anlauf Ort für mich bei uns in der Stadt gab. Der zweite wichtige Tag sollte dann der 25.04.2002 werden. Mittlerweile war ich 16 und Die Ärzte thronten als Band für mich über allen. Die Hosen waren für mich dennoch eine von mehreren Bands, die ich sehr gerne mochte. Als ich mitbekam, dass sie nach Dortmund kommen, wollte ich unbedingt hin. Meine Mutter wollte jedoch nicht, dass ich unter der Woche abends/nachts alleine die 30-minütige Zugfahrt nach Dortmund auf mich nahm. Mein älterer Bruder, der mich musikalisch zwar geprägt, aber nie etwas mit den Hosen anfangen konnte, wollte nicht mit. Ich war schon frustriert, doch eines Tages kam mein Bruder, dass ein gewisser Daniel aus seiner Berufsschulklasse zum Konzert fahre und mich mitnehmen könnte. Ich kannte Daniel zwar nicht, aber das war mir egal, denn meine Mutter war einverstanden. Ich ging also, wie ich es von meinen beiden bisherigen Ärzte-Konzerten kannte, zur Vorverkaufsstelle und kaufte mir ein Ticket. Es war eine Sitzplatzkarte, Stehplätze gab es nicht. Das frustrierte mich, aber besser als nichts. Je näher das Konzert kam, desto mehr wurmte es mich. Schließlich konnte ich auf ebay noch ein Stehplatzticket zum Normalpreis erwerben. Preisabzocke gab es zu diesem Zeitpunkt auf der Plattform Gott sei Dank noch nicht. Das Sitzplatzticket bin ich übrigens nicht mehr los geworden. Ich habe für den Abend also zweimal Eintritt gezahlt. In der Vorbereitung stand noch ein weiterer Punkt aus: Ich besaß bisher nur Ärzte-Shirts, aber keines von den Hosen. Also kaufte ich wieder bei ebay ein: Für ein paar Euro gab es dieses komische Doppelpack: DTH-Roadcrew-Shirt mit „Alles aus Liebe“-Live-maxi.


    Irgendwann kam der Tag des Konzertes. Morgens ging es natürlich wie immer in die Schule. Lustigerweise sprachen wir ausgerechnet an diesem Tag im Englischunterricht über Musik. Unsere Lehrerin erzählte uns, dass sie früher gerne Die Toten Hosen gehört habe. Ein Kumpel stupste mich an und daraufhin
    erwähnte ich, dass ich abends zum Konzert ging. Der Lehrerin war es egal, aber Kathrin, eine Mitschülerin, sagte, dass sie mit ihrer Familie auch gehen würde.
    Ich war entsetzt. Kathrin war eine, die hyperbrav war und sich aufgrund ihrer Erziehung nicht traute, dass Wort „Arsch“ zu sagen. Ich fragte mich, was die denn bei den Hosen wolle. Meine Vorfreude war etwas getrübt. Am Nachmittag ging ich dann zum Bahnhof und traf Daniel mit Daniel und seiner Gruppe fünf Personen, die ich noch nie im Leben gesehen hatte. Das war jedoch egal. Wir sind, trotz des Altersunterschieds von vier Jahren, sofort gut miteinander ausgekommen. Als wir in Dortmund aus der U-Bahn rauskamen, standen schon ca. 200 bis 300 Personen vor der Halle und sangen „Eisgekühlter Bommerlunder“. Plötzlich mündete das Lied in massiven „Scheiß Stoiber“ rufen. In dem Moment wusste ich, ich bin absolut richtig hier.


    Als Vorband traten „A“ auf, die ich damals auch ganz gerne mochte. Bis heute für mich eine der besten DTH-Vorbands mit einfach gutem Alternativ-Rock. Nur der Sänge sagte vielleicht etwas zu häufig „Motherfucker“. Das nervte irgendwann. Was für mich überraschend war, war wie das Publikum reagierte. Es war sofort eine super Stimmung. Klar, „A“ waren damals auch angesagt. Trotzdem war das Publikum schon wilder, als ich es von meinen beiden Ärzte-Konzerten kannte. Erwähnt sei vielleicht auch, dass es damals noch keine Wellenbrecher gab. Nachdem „A“ ihren Auftritt beendet hatten, fragte ich mich, wie es wohl bei den Hosen abgeht Die Antwort sollte ich schnell bekommen. Nach dem großartigen „Sirtaki“-Intro ging mit „Auswärtsspiel“, „Liebesspieler“ und „Du lebst nur einmal“ gleich richtig die Post ab. Ich war im Pit sogar etwas überfordert, soetwas hatte ich bis dato noch nicht erlebt. Wie wild es tatsächlich war, kann ich rückblickend objektiv nicht mehr einschätzen, für mich war es damals aber einfach nur krass. Irgendwann war ich dann platt und stellte mich ziemlich weit nach hinten. Plötzlich spielten die Hosen „1000 gute Gründe“. Damit hatte ich echt nicht gerechnet und mein erstes Gedanke war: „Ja, Kathrin, nimm das!!“. Später im Set gab es dann auch noch „Mehr davon“ und Campino klettere unters Hallendach. Ich war wir elektrisiert. Wahnsinn!! Irgendwann zog Campino während des Konzertes ein Dortmundtrikot an, weil er sich damit dafür bedanken wollte, dass der BVB ihn zu einem Spiel gegen Liverpool eingeladen hatte. Dennoch wurde er gnadenlos für die Aktion ausgebuht. An das Konzert selbst habe ich weiter kaum noch Erinnerungen. Für mich war es einfach nur eine bombastische Stimmung und es wurde richtig Gas gegeben. An die Setlist kann ich mich nur noch sporadisch erinnern und diese ist laut
    Tourdatenarchiv auch bis heute nicht bekannt. Neben den bereits erwähnten Songs gab es auf jeden Fall auch noch „Was zählt“, „Liebeslied“, „call oft he wild“, „All die ganzen Jahre“, „Wort zum Sonntag“ und „Auld lang syne“. Außerdem kündigte Campino ein neues Lied an, welches bisher noch nicht veröffentlicht worden sei. Es beruhe auf seinen Erfahrungen aus dem Zivildienst in einer Anstalt. Als Ende des Jahres 2002 dann die „Reich und Sexy II“ rauskam, kam mir diese Ansage wieder in den Sinn. Es kann sich also nur im „Irre“ gehandelt haben. Nach dem Konzert versuchten wir noch in der Dortmunder Innenstadt was trinken zu gehen, aber alles hatte zu. Das führte dazu, dass sich einige aus der Gruppe in einer Telefonzelle umzogen. Frische Klamotten hätte ich auch brauchen können, aber ich hatte natürlich keine dabei. Als ich zu Hause angekommen mit Bad lag, wurde mich dann auch eines klar: „Die Ärzte“ machen Spaß, aber meine eigentliche Band sind „Die Toten Hosen“.


    Am nächsten Tag erzählte ich in der Schule allen von diesem für mich unfassbaren Abend. Kathrin erwähnte das Konzert übrigens mit keiner einzigen Silbe. Auch in den folgenden gemeinsamen Schuljahren habe ich nie wieder mitbekommen, dass sie irgendetwas über die Toten Hosen sagte. Ich selbst war, wie gesagt hell auf begeistert, und wusste, dass die Hosen am selben Tag nochmal in Dortmund spielten. Ich wollte sofort wieder hin, aber für mich war das so kurzfristig organisatorisch nicht umsetzbar. Das war vielleicht aber auch ganz gut. Denn am nächsten Tag war ich krank und konnte meine blauen Flecken zählen. Mein ganzer Körper schmerzte, aber das war es wert! Wenige Tage später kam mein Bruder zu mir und meinte, dass der Daniel in gut vier Wochen zu
    „Fury in the slaughterhouse“ fahren würde und fragen ließe, ob ich mitkäme. Ich antwortete, dass mir das zu langweilig sei. Wieder einen Tag später meinte mein Bruder dann, dass er die Bands verwechselt habe. Daniel würde zu „Bad Religion“ nach Oberhausen fahren. Ich sagte sofort zu und so kam es zu meinem ersten „Bad Religion“-Konzert. Auch dies wurde für mich ein legendärer Abend, der mit Frisbeespielen in der U-Bahn begann und damit aufhörte, dass ich nachts nach dem Konzert das Portemonnaie meines Bruders auf einem Burghügel sorgte und am nächsten Tag eine Englischklausur verkackt habe. Aber das sind alles andere Geschichten. Für mich begann mit diesem Hosenkonzert und dem Tag im April und dem anschließenden „Bad Religion“-Konzert eine lange Reise, die bis heute andauert. Und auch wenn ich manchmal lange Zeit weder DTH noch BR hören, sind diese beiden Bands nach wie vor meine absoluten Herzensbands, die in meiner ewigen Konzertanzahlliste auf den Plätzen 1 und 3 stehen. Wobei die Hosen mit weitem Abstand auf 1 stehen. Mein zweites Hosenkonzert sollte dann übrigens ebenso legendär werden, aber darüber habe ich euch ja letztens erst berichtet….

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  • Winterthur, 5. September 1992


    Bin etwas spät dran mit dem Bericht und er wird lang – doch gestern vor 26 Jahren, am 5. September 1992, besuchte ich mein bis heute bestes und intensivstes Hosen-Konzert.


    Es gibt viele Faktoren, warum es das Beste war... Ich war 15, eine Woche vor meinem 16. Geburtstag; in diesem Alter ist man einfach so was von 100% bei der Sache – bei den Konzerten davor, mit 12 und 14, war ich fast zu jung um die Sache so mitzunehmen - selbstbewusst, voller Energie, unbeschwert und frei - wie ich es 1992 war (auch schon im März des Jahres, als die Hosen in Zürich spielten). Es kam dazu, dass es ein sonniger, aber dennoch ziemlich kühler Frühherbsttag war – wunderschön, fast magisch; diese Farben, der Geruch. Des Weiteren war mein bester Kumpel am Start und natürlich meine Schwester, die wie immer Vollgas vorne weg ging.


    Das Konzert fand in der Altstadt von Winterthur statt. Das bedeutet, dass in der Gasse einfach eine Bühne platziert wurde. Links und rechts davon die Fassaden der Häuser, was Campino zu seinen Gunsten nutzen sollte. Doch dazu später.


    Wie immer reisten wir beizeiten an – es war ein Samstag, alle hatten frei und wir hatten so total Bock auf dieses Konzert. In der Zeit freute man sich wie ein Kind – davon ist man ja mit 15 auch nicht weit weg – auf Konzerte, weil man sich nicht alles leisten, nicht überall hinreisen konnte. Konzerte waren etwas vom Allergrössten - gerade von den Toten Hosen, die 1992 für mich auf ihrem Peak waren und ich war so verliebt in diese Band, ihre Attitüde, ihre Musik, in ihr Styling und in ihr Anderssein. Heute kann ich darüber natürlich nur noch grinsen, doch die Hosen waren in dieser Phase meines Lebens Kompass, Wegweiser – Lebensinhalt! Hätte man mir damals diese Band „genommen“, wäre eine Welt untergegangen! Das war 100% Leidenschaft!
    In der Zeit, vielleicht 1 Jahr vorher, habe ich auch die ZK Platte „Eddies Salon“ in einem Plattenladen gefunden und war so unfassbar stolz darauf sie zu besitzen, weil KEINER in meinem Umfeld diese Platte hatte. Ich fühlte mich allein durch diese Scheibe als was Besonderes, den Hosen sehr nahe. Auch heute noch, wenn ich Stücke wie „Eddie's Salon“, „Hahnenkampf“ oder „In der Ecke stehen“ höre, erinnert es mich an diesen Herbst, weil die Atmosphäre der 1980 erschienenen Scheibe in diese Jahreszeit passt, wenn die Tage kürzer werden, die Sonne tiefer steht und sich Wälder in ihrer schönsten Farbpracht zeigen. Aber ich schweife ab.


    Die Anfahrt nach Winterthur bestritten wir mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Damals durfte man in Zügen noch rauchen. Ich war und bin eigentlich immer Nichtraucher, doch an gewissen Tagen, wenn ich ganz besonders cool und lässig sein wollte, wurde dann halt doch geraucht – sah bestimmt lächerlich aus.
    So sassen wir im Zug, hatten selbstgemachten Sangria in 1,5 Liter Pet-Flaschen abgefüllt, kleines Tapedeck am Start mir einem 90min-Tape, das ich am Tag davor liebevoll mit einem Hosen-Mix bespielt hatte. Wir sassen da also – wahrscheinlich etwas aufgedreht und laut... Eine Oma, die im Abteil gegenüber sass guckte uns die ganze Zeit abschätzig an und schüttelte den Kopf. Ich fragte sie dann höflich, was denn ihr Problem sei? Nicht aggresssiv, ich war voller Liebe für alles und jeden... „Leute wie euch hätte man früher vergast! Es ist eine Schande!“ - so ihre Reaktion. Unfassbar! Das war kurze Zeit nach den Vorfällen in Rostock – und selbst in der schönen, braven, gesitteten, neutralen Schweiz war braunes Gedankengut tief in der Bevölkerung verankert! Ich habe mir selber ausgesucht „Punk“ zu sein, mich so zu kleiden, laut zu sein und damit aufzufallen und allenfalls zu provozieren – insofern war Omis Aussage für mich eher amüsant, weil ich sie dann damit konfrontieren konnte, wie einfach ihr Weltbild ist. Menschen mit anderer Hautfarbe haben sich das aber nicht aussuchen können und wurden aufgrund ihres „Andersseins“ verfolgt, eingeschüchtert und diskriminiert. Tragisch! Umso tragischer, dass sich gerade in diesen Tagen im Jahr 2018 nichts, aber rein gar nichts geändert hat! Ok, Omi wird mittlerweile tot sein und kann Adolf den Allerwertesten küssen. Fuck you!


    Zirka gegen 14 Uhr waren wir vor Ort und konnten mit um die 50 Anwesenden ausserhalb des Geländes den Soundcheck der Vorband geniessen. Es spielten die Manic Street Preachers. Damals noch eine wilde Punk-Glam-Rock-Band, far away von der braven Musik, die sie ab 1996 spielen sollten. Ich kannte die Band nur peripher - „You love us“ und „Suicide is painless“ waren mir bekannt. Fand ich auch ok, doch ansonsten interessierten mich damals Support-Bands nicht. Ich fand sie hinderlich, weil ich ja wegen den Hosen da war!! An diesem Tag änderte ich diese Meinung! Das war ein Schlüsselerlebnis; dank den MSP lernte ich Vorbands zu schätzen und zu kapieren, dass es eine Chance ist neue Bands kennenzulernen! Die Liebe zu den Manics blieb bis heute bestehen, jedes ihrer Alben steht in meinem Schrank!
    Beim Soundcheck spielten sie einen Song, von dem ich in diesem Moment dachte, es sei das Schönste was ich bis dato gehört hatte... Ich kannte den Song nicht, doch blieb mir die Gitarrenmelodie im Ohr – wie sich gut eine Woche später rausstellen sollte, als ich endlich die Platte in einem Laden in Zürich bestellen und abholen konnte („Manic wer? Haben wir nicht!“ - Dauer-Rap), handelte es sich um „Motorcycle emptiness“. Bis heute einer meiner Alltime-Favourite-Songs. Und bezeichnend, dass ich ihn an diesem magischen Tag kennenlernen durfte.


    Die Sonne ging langsam unter und da das Konzert in einer Gasse stattfand, drangen die Strahlen nicht mehr zu uns durch und es wurde schlagartig kalt. Der Atem rauchte... Und auf einmal vernahm ich einen Duft, der mir bis heute in der Nase geblieben ist – ich drehte mich um und hinter mir stand das schönste Mädchen, das ich je gesehen hatte und sie roch unheimlich gut... Ich verliebte mich mal ganz kurz spontan! Für sie wollte ich an dem Abend rocken, den Hosen-Fan abgeben, der alle Texte konnte, der eigentlich selber auf diese Bühne gehört, so gut war ich!! Dachte ich zumindest... Angesprochen habe ich sie nicht, doch wir tanzten Arm in Arm zu diversen Songs, es gab Augenkontakt und ich bilde mir jetzt einfach mal ein, dass sie mich genauso interessant fand wie ich sie und einen Abend lang beflügelte sie zusätzlich mein Herz! Das wäre aber gar nicht nötig gewesen, denn sie Hosen lieferten einen sensationellen Auftritt ab! Es stimmte alles – Ausstrahlung, Spielfreude, Energie – und natürlich eine Setlist, die sich heute wie ein „Best of Hosen“ liest.


    Um 21:30 kamen sie auf die Bühne und spielten 2 Stunden und 20 Minuten, plus-minus. Eröffnet wurde mit „Blitzkrieg bop“ - voll in die Fresse!
    Meine Lieblingssongs waren zu dem Zeitpunkt „Wehende Fahnen“, „Alles wird gut“, „Musterbeispiel“, „Wort zum Sonntag“ und „Mehr davon“ - und „Sein oder Nichtsein“. Dazu die Interpretationen von „Brickfield nights“ und „Do anything you wanna do“... Und bis auf „Sein oder Nichtsein“ spielten sie ALLE diese Songs.
    Wehende Fahnen“ und „Warten auf dich“ spielten sie in einer akustischen Version – Campi mit den Worten „...das ist das erste Mal, dass wir den Song so spielen..“ und es folgte „Wehende Fahnen“ in dieser wunderbaren Akustik-Version. Natürlich stimmte das nicht – die Hosen haben uns den Song schon ein halbes Jahr davor im Volkshaus Zürich akustisch kredenzt. Aber egal!
    Die brutalen Vorfälle in Rostock waren zu diesem Zeitpunkt gerade mal um die 10 Tage her – Campino kramte einen Zettel raus und sagte den nächsten Song an: „Der Song ist eine Woche alt, bitte verzeiht mir, dass ich den Text ablese..“! Es war die Urversion von „Willkommen in Deutschland“, das ein halbes Jahr später dann auf „Kauf mich“ erscheinen sollte. Fuhr mir mit 100 ein, was ein genialer Song! Auch „Hot Clip Video-Club“ wurde an dem Abend gespielt, direkt an „All die ganzen Jahre“ anschliessend.
    Mit den Worten „...der nächste Song ist gegen Leute die nicht mal richtige Nazis sind, sondern einfach nur Schwachköpfe...“ wurde „5 vor 12“ angesagt. Auch „1000 gute Gründe“ war in der Setlist, so auch „Glückspiraten“, „Liebesspieler“, „Freitag der 13.“, „Liebeslied“, das kraftvolle „Carnival in Rio“, „Opel-Gang II“ (natürlich auch „Opel Gang“ und „Bis zum bitteren Ende“) und „Ein Schritt zuviel“. Wie gesagt; es liest sich wie eine Best-Of!
    Für „First time“ und „New guitar in town“ kam Honest John Plain unterstützend auf die Bühne.


    Damals schlossen die Hosen das reguläre Set (manchmal auch die Konzerte) mit dem überragenden „Mehr davon“! Wie ich das vermisse; da werden nochmal alle Energien freigesetzt, man holt alles aus sich raus – der Song, der so ruhig startet, sich steigert und wie ein Vulkan explodiert ist ein etwas vom Allerbesten der Hosen und als Closer nicht zu übertreffen. Campino ging dazu auf Klettertour – wie damals üblich. Den Mast hoch, liess sich von der Lichttraverse hängen für ein paar Sekunden – dann realisierte er, dass die Fassaden der Häuser doch greifbar nahe sind – und hangelte sich da hoch! Bis zu einer Dachwohnung und kraxelte da auf den Balkon und sang „Mehr davon“ weiter – er schlug in der Euphorie eine Scheibe ein, riss Vorhänge runter und schmiss die Blumen vom Balkon... Beim Einschlagen der Scheibe musste er sich verletzt haben – er blutete. Liess sich nichts anmerken und sagte von da oben noch „...ich werde die Blumen natürlich durch Plastikblumen ersetzen, die blühen auch im Winter. Ich bitte um Entschuldigung!“ Wie sich später herausstellte, gehörte die Wohnung einem Pfarrer..! Ich hoffe, er hat Campino vergeben können.


    ...und auf einmal war alles vorbei! Einer der besten Tage endete und wir mussten uns sputen um den Zug noch zu erwischen! Auf dem Weg zum Bahnhof mussten wir noch vereinzelte Naziskins abhängen, die sich geschickt aufgestellt hatten und darauf warteten ein paar „Zecken“ platt zu machen. Vielleicht war es das Adrenalin, vielleicht die Angst – vielleicht aber auch die unfassbare Dankbarkeit einen solch wundervollen Tag erlebt zu haben – wir hängten das Faschopack ab und kamen am „sicheren“ Bahnhof an, wo sich Polizei und normale Menschen befanden, was die Nazis abschreckte...
    Zuhause schrieb ich die Setlist nieder und ein paar Anekdoten, Ansagen etc! Ich fiel glücklich und erfüllt von Liebe und Dankbarkeit in's Bett – träumte von der schönen Dame und war mir sicher, dass ich sie am kommenden Wochenende, meinem Geburtstag, als ich vor hatte nach Zürich zu fahren, wiedersehen würde. Ich war mir 100%ig sicher! Leider sah ich sie bis heute nie wieder – vergessen habe ich sie jedoch nie...!

    Einmal editiert, zuletzt von pillermaik ()

  • @pillermaiksche
    Grandios geschrieben (getippt) und sehr bewegend :thumbup:  
    Hinterlässt bei mir ein Hach-Gefühl :D

    "Nichts ist schwerer und erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!"

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