Schweizern sagt man nach langsam zu sein... gemütlich... immer nett... angepasst...
Mag sein. Auf einen Typen trifft das sicherlich nicht zu - Tom Gabriel Fischer - genannt "Warrior"!
Der Mann wuchs unter katastrophalen Bedingungen in Nürensdorf - kleines Kaff ausserhalb Zürichs - auf und wuchs mit Hass, Schmerz und Zorn heran um die Musikwelt zu verändern. Er hörte damals die intensivste Form von Metal: Venom! Und die intensivste Art des Punk/HC: Discharge. Aus dieser Kombination und um den Schmerzen seines Alltags als Aussenseiter, auf den man verachtend mit dem Finger zeigte - zu entfliehen, gründete er mit den wenigen Gleichgesinnten 1982 die Band HELLHAMMER! Sie veröffentlichten ein paar Demos, darunter das grossartig-kaputte "Satanic rites" mit abstrus-morbiden, düsteren, teilweise dem Denken von "normalen" Menschen entrückten Texten voller Hass, Ablehnung, Zorn.
Auf dem Sampler "Death Metal" von 1984 erschienen die Tracks "Messiah"/"Revelations of doom", das NOISE- Lable signte die Band und man konnte 1984 offiziell die EP "Apocalyptic raids" lancieren.. Zu diesem Zeitpunkt war die Band jedoch schon längst in aller Munde. Die elitäre Metal-Presse lehnte die Schweizer ab - der Untergrund liebte sie. Ihre teils dilettantischen Ansätze, ihre Verworrenheit und ihre gefährlich Aura machten sie interessant für die Kids, die ebenfalls den Weg des Unkonventionellen gehen wollten. Sie wurden zu Ikonen. Das Gespann Tom Fischer und Martin Stricker (Bass/Lyrics) - 2 hochintelligente Menschen mit einem tiefen Wissen und Wissensdurst in Sachen Satanismus, Religion, Philosophie - machte die Band aus, wenn HELLHAMMER auch klar Toms Baby war.
Die Zusammenarbeit hielt nach Veröffentlichung von "Apocalyptic raids" nicht lange an - man ging weiter und gründete 1984 CELTIC FROST! Und was die beiden mit dieser Band machten, ist auch heute noch unique, brillant, einfordernd, wegweisend und zu keiner Sekunde langweilig.
Ihre erste EP "Morbid tales" mit dem punkigen Opener "Into the crypt of rays" ist ein Faustschlag in die Fresse, eine Befreiung, ein richtig klares Durchatmen.
Es folgte 1985 der erste Longplayer - "To mega Therion". Noch ausgeklügelter als die EP, noch einzigartiger, eine Vision und Kreation, wie man sie bis dato nicht vernommen hatte. Orchestrale Momente, Gothik-Klänge integriert in den kaputten Extreme Metal, dazu minimalistische Gitarren und das Gegrunze von Tom Warrior Fischer. Brillant... Hinzu kommt ergänzend für das Gesamtbild das abschreckend-verstörende Plattencover, für das man ein Bild (Satan I) des Schweizer Künstlers H.R. Giger UMSONST nutzen durfte - der ebenfalls nicht ganz der Norm zuzuschreibende Giger hatte Spass an den 3 verrückten Jungs und überliess ihnen das Bild zur Nutzung des Covers. Was zu einer intensiven Freundschaft führte bis zu Gigers kürzlichem Tode.
HELLHAMMER/CELTIC FROST fanden viele Nachahmer - und als die Szene x solche Black/Death/Thrash Bands an den Start gebracht hatten, zogen die Schweizer bereits weiter und veröffentlichten 1987 das geniale "Into the Pandemonium" - ein verstörendes Werk an kranker, nihilistischer Musik, fernab von bislang Gehörtem. Dunkel, schräg, avandgardistisch - Tom änderte in teils Songs seinen typischen Grunzgesangsstil in ein kränkliches, gespenstisches "Jammern". Out of this world.
Das letze CELTIC FROST Album erschien 2006 - nach 16 Jahren Pause; "Monotheist"! Wieder ein Meisterwerk, die Band ging auf Tour, spielte Wacken etc! Leider verstritten sich dann der nicht ganz einfache Fischer mit Stricker und die Band war Geschichte. Wieder. 1990 löste sie sich schon auf, nach den etwas enttäuschenden Alben "Cold lake" und "Vanity/Nemesis".
Fischer gründete TRIPTYKON, deren Musik da ansetzt, wo "Monotheist" aufgehört hatte: satter, schwerer, düsterer, harter Metal. In kein Genre zuzuordnen.
Heute sieht man HELLHAMMER (und auch CELTIC FROST) weltweit als Gründer des Death- und Black Metal. Bands wie BATHORY nahmen das auf was Fischer & Co. vorallem mit ihren Demos "Death fiend", "Triumph of death" und "Satanic rites" erschufen und wurden dadurch selber zu Legenden... Deutsche Bands wie SODOM nennen HELLHAMMER als ihren Haupteinfluss, ebenso SEPULTURA aus Brasilien.
HELLHAMMER/CELTIC FROST waren bei der Presse die ungeliebten Spinner, die man nie ernst nahem - in Wirklichkeit waren sie Visionäre, Macher und Genies... und auf ihre Art auch wirkliche Spinner.
Hier mal ein paar Songs um ihr Können zu erahnen:
HELLHAMMER - "Satanic rites" (Demo 1983):
HELLHAMMER - "Triumph of death" - (Apocalyptic raids EP - 1984 - kranker geht es kaum):
CELTIC FROST - "Into the crypts of rays" (Morbid Tales EP - 1984):
CELTIC FROST - "Mesmerized" (Into the Pandemoniom - 1987):
CELTIC FROST - "Progeny" (Monotheist - 2006)
..und wer Geschmack an den Bands gefunden hat - hier noch eine kleine, sehr interessante Doku über die 2006 reformierten CELTIC FROST: