Setlistabstimmung für die Hallentour

  • Der Kunden-/Dienstleister-Gedanke ist insgesamt schief. Wie kann ich denn einen Künstler als Dienstleister betrachten? Das ist ja grauenhaft und entspricht auch ganz sicher nicht dem Selbstverständnis eines Künstlers, der sich in seiner Arbeit vor allem auch selbst wiederfinden möchte und sich erst an zweiter Stelle über positive Resonanz von Außen freut.
    Mit dieser Perspektive beschneidet man einen Musiker massiv in seiner Kreativität und künstlerischen Selbstbestimmung.


    Ich bezeichne nicht den Künstler oder sein Werk als Dienstleister, sondern die Konzerte. Das Werk mag ich, damit kann ich mich identifizieren oder eben nicht. Das ist meine Sache. Und gerade in der Kunst ist es für mich persönlich ein großer Entscheidungspunkt, das Werk zu mögen, wenn es etwas persönliches hat. Kunst, die produziert wird, um möglichst vielen zu gefallen, aber keinerlei Authentizität zum Künstler hat, ist schon einmal durchgefallen. Und ja, da sind wir hoffentlich hier noch ein ganzes Stück weit weg.


    Anders ist es bei Konzerten: Konzerte sind für mich erstmal ein hoffentlich unterhaltsamer Abend. Ich bezahle die Bands dafür, mich zu unterhalten: Im Optimum kenne und mag ich deren Werk und erwarte dann auf dem Konzert, dass sie mich ausgerichtet an ihrem Werk, unterhalten. Ähnliche Kategorie sind Theater- und Kinobesuche: Ich zahle Geld, um unterhalten zu werden. Erstmal die nüchterne Betrachtungsweise.


    Nun kommt bei manchen Künstlern (wie hier die Hosen, gern im Kino aber auch Schauspieler oder Regisseure, etc.) eine persönliche Note hinzu, die uns dazu bringt, nicht von "Kunden", sondern von "Fans" oder dergleichen zu reden. Wir gehen auf Hosen-Konzerte, weil wir neben der Unterhaltung vielleicht auch ein Stück weit unser Leben teilen wollen oder dergleichen. Die Hosen haben uns alle hier begleitet, sicherlich einen Teil des Soundtrack des Lebens geschrieben. Und doch: Auf dem Konzert sind wir aus wirtschaftlichem Gesichtspunkt erstmal nur zahlende Kunden. Was wir dann daraus machen, ist unsere Sache.


    Und damit werden die Bands zu Dienstleistern: Sie bieten die Dienstleistung des Konzerts an, versprechen an Hand ihres Werkes den Stil des Konzertes. Als schlechter Dienstleister spielen die Hosen im Extremfall nur 90er-Jahre-BackStreetBoys-Popsongs und im weniger extremen Fall nur TwD-Kaliber. Dann sind wir unzufrieden, meckern und überlegen, das nächste Mal einem anderen Dienstleister (einer anderen Band) das Geld zu geben oder gleich zu Hause zu bleiben. Ganz klassischer Markt.


    Dass die Hosen ein Wirtschaftsunternehmen sind, bezweifle ich in keinster Weise. Aber der Unterschied liegt darin, dass bei den Hosen das Angebot und Nachfrage System nicht so hoch gehangen wird, wie sie es eigentlich tun könnten. Wenn dem so wäre, würden sie nämlich den Preis verlangen. Das tun sie aber nicht, eben weil ihnen das wichtig ist, woher sie kommen. Und welchen Imageschaden? Frag doch mal die ganzen Neulinken und Neupunks, die Hosen sind ein Tabuthema. Neben wirtschaftlichen Entscheidungen, die nunmal zwingend notwendig sind, gibt es bei ihnen noch eine andere Sichtweise. Und darum geht es mir. Wenn ich das Gefühl, ich wäre nur noch Kunde, dann wäre ich längste Zeit Fan gewesen.


    Und da bin ich voll bei dir. Aber genau hier kann der Imageschaden entstehen: Wir als Stammkunden (= Fans) wären absolut enttäuscht, wenn wir das Gefühl bekämen, dass nur noch Gewinnmaximierung eine Rolle spielen würde. Dann würde wir beide und 10.000 andere nicht mehr zum Konzert gehen. Damit entsteht zuerst ein Image- und dann evtl. ein finanzieller Schaden für die Band. Wir gehen hin, weil wir die Hosen-Konzerte für "fair" halten. Wir glauben (und hoffen dass es stimmt), dass in der Preisbildung noch mehr Aspekte als reine Gewinnmaximierung zum Tragen kommen. Und genau das, wird vermutlich wiederum ganz hart in der Preispolitik einkalkuliert; ein Kreis: Wir gehen hin, weil wir die Konzerte als "fair" betrachten, und die Preise bleiben "fair", damit wir weiterhin hingehen (ob bewusst hart finanziell kalkuliert oder wirklich aus sozialer Überzeugung können wir nicht wissen, das sei also mal dahin gestellt.) Am Ende ist das Wirtschaft, womit wir den Bogen zum Dienstleister wieder haben...


    (so, ich glaube, wir driften sehr weit ab vom Thema, auch wenn ich diese Diskussion ebenfalls sehr spannend finde :D)

    36 (+2)
    Narf.

  • Wieso hat es mehr Aussagekraft als die breite Masse? Für mich klingt das eher so, als würdest du dir die Alternative aussuchen, die nach deiner Einschätzung die für dich besseren Ergebnisse liefert.


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    Es kommt die Zeit
    in der das Wasser wieder steigt...
    Es kommt die Zeit
    in der der Airport wieder brennt...

  • Wenn ich ein Schützenfest veranstalte, dann kann man die dort auftretende Top-30 Band gerne als Dienstleister bezeichnen. Eine Band, die ein "normales" Konzert spielt als Dienstleister zu betrachten finde ich grotesk, sorry. Der Künstler macht ein Angebot und wir nehmen es an oder lassen es bleiben, so funktioniert das. Einer Band einen Brief zu schreiben was sie anstelle der bisherigen Songs mal lieber spielen soll finde ich anmaßend und ziemlich daneben. Das ist für mich so als würde ich einem Maler empfehlen doch wieder mehr blau einzusetzen. Kann natürlich trotzdem jeder gerne machen, ist ja ein freies Land hier.


    Davon abgeshen glaubt doch bitte niemand, dass die Jungs diese Leier nicht schon 1000x gehört haben. Die spielen das was sie wollen, und das die Hardcore Fans gerne was anderes hören würden wissen die doch ganz genau. Oder glaubt jemand mit so einem Brief würden ihnen endlich die augen geöffnet?

  • @ S-Man: Ich glaube Du zäumst die ganze Sache falsch auf: Wir reden hier oder bei den Schauspielern oder anderen Künstlern von Kultur und nicht von Malermeister Klecksel. (soll jetzt nicht irgendwie gegen Handwerker, Verkäufer oder sonstige Dienstleister gemünzt sein)
    Die toten Hosen sind in erster Linie Künstler, schreiben Songs, treten live auf und unterhalten ein großes Publikum und verdienen damit ihr Geld - soweit richtig. Aber ein Konzert spielen oder eine Platte aufnehmen hat nichts mit einer Dienstleistung zu tun, sie wecken dabei eben auch Emotionen und interagieren mit ihren Fans. Somit ist auch das durchführen (um mal im ganz sachlichen Sprachgebrauch zu bleiben) von Konzerten Kunst und keine Dienstleistung.
    Seh' zumindest ich so.


    Wir sind außer uns
    Und Rand und Band
    Und wir haben keine Zeit für Schlaf

  • Ich wünschte mir, die Hosen würden ihrer Rolle als freie Künstler so nachkommen, wie es hier gerade beschrieben wird.Allerdings sind es doch gerade die Hosen, die ihre Funktion als Live-Band inzwischen selber in die Nähe eines Dienstleisters (also als Befriediger eines definierten Anspruches) rücken. Die Argumentation seitens der Band ist doch gerade auf den letzten Touren immer klarer gewesen, dass man bestimmte Lieder ab einer bestimmten Größe nicht mehr spielen kann- wegen des Publikums.In kleine locations dagegen wurde schon eher auf spezielle Wünsche Rücksicht genommen.Wenn das nicht dienstleistung am jeweiligen "Kundenstamm" ist...sorry, für die Zuspitzung, aber einige idealisieren mir die Band gerade etwas zu sehr.Die Band spielt doch definitiv nicht ihr gefühltes Live-set bestehend aus ihren wahrhaftigsten, besten, anspruchvollsten Songs, sondern aus den Liedern, die live in der Masse funktionieren (Sloopy z.B.)Das Handeln eines Kunstschaffenden im Sinne der Kunst erkenne ich da jetzt nicht so wieder...

  • Dienstleister im Sinne Deiner Argumentation wären sie vielleicht wenn sie die übersandte Setlist 1 zu 1 abspielen würden. Aber selbst dann sehe ich eigentlich ein Konzert nicht als "Dienstleistung". Wobei ich das nicht nur auf die Hosen sondern auf unterschiedliche Künstler beziehe. Und die Platte ist nun mal für mich richtig gut, aber das ist Geschmacksache.
    Edit: Wenn alle Konzerte identisch wären könnte ich vielleicht auch noch 'ne Dienstleistung dahinter sehen, aber dann würde ich auch keine Konzerte mehr besuchen.


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    Einmal editiert, zuletzt von BZBE89 ()

  • Ich persönlich bin auch gegen einen Brief, der sich auf die Umfrage dieses Forums stützt. Sicher ist es jedem überlassen, sowas zu starten, aber selbst wenn in dem Schreiben nur von "einem" Forum die Rede ist, kann man sich leicht ausrechnen, welches es ist. Und ich möchte ehrlich gesagt auch nicht damit in Verbindung gebracht werden, aus Gründen, wie sie hier schon genannt wurden.
    Ich verstehe das Anliegen, die Band auf evt. "vergessene" Lieder zu bringen, und finde auch die Umfrage (obwohl einiges fehlt) interessant. Nur das direkt als Brief zu JKP zu schicken, davon halte ich nichts.
    Zum anderen bin ich überzeugt, dass irgendein Praktikant bei JKP mit Sicherheit die Aufgabe hat, hier mitzulesen und evt interessante Dinge weiterzuleiten. Und als interessant für die Band wäre die Umfrage als solches bestimmt und würde schon irgendwann zu ihnen gelangen. Vielleicht sogar eher als so ein Brief...


    ...mein Herz das schlägt für Düsseldorf am Rhein...

  • Finde DennBrief auch nicht wirklich prickelnd.... was viel besser wäre:


    Ein Forumskonzert! und ehrlich gesagt könnte ich mir wirklich vorstellen, dass die Hosen das machen würden...

    Was bringt dich denn zu der Annahme? Habe da bisher (leider) wenig Anzeichen für gesehen und es ist ja eigentlich auch schwierig, den genauen Rahmen da zu ziehen; der diffuse Haufen "Forum" besteht aus über 9.000 Mitgliedern, davon einige aktiv, einige ehemals aktiv, wieder andere nur passiv etc.

    Es hat sich vieles getan, auf Dosenbier gibt es jetzt Pfand,
    aber die meisten von uns leben noch, das war nicht immer so geplant.
    (Koyaanisqatsi)

  • Klar, die Durchführung an sich würde schon aufwendig werden und eine Auswahl bestimmt nicht leicht, aber hauptsächlich ging es mir da eher drum, dass die Hosen so etwas aufgeschlossener gegenüber stehen würden, als einem Brief, der Songs fordert, die nicht alle bei der breiten Masse ankommen.

  • Der Künstler macht ein Angebot und wir nehmen es an oder lassen es bleiben, so funktioniert das.


    Und ich glaube, dass du da Unrecht hast. Das kann man bei kleinen Konzerten (Club + MMT) ganz sicher sagen, aber bei Event-Veranstaltungen ist das eine andere Sache: Damit wird das Einkommen generiert. Und da würde es für die Band problematisch werden, wenn plötzlich wegen Missfallen die Besucher wegblieben.


    Der Vergleich mit dem Maler hinkt; dann würde man eher sagen: ey macht mal auf der nächsten Platte mehr mit Gitarre oder so. Wie gesagt, meine ich nicht den Künstler, sondern das Konzert. Und dafür zahlen wir viel Geld - und das mit dem Ziel, hier danach im Thread nicht wieder seitenlang meckern zu können, oder?


    Aber dennoch: Nirgends habe ich behauptet, dass jetzt eine Band absolut nach meinem Willen springen muss (oder dem des Threadopeners). Es ist eine Form der Kritik, die man immer und überall ausüben kann. Ob es was bringt, ist eine andere Sache (und um bei Dienstleistern zu bleiben: Versicherungen werden das auch im Papierkorb versenken)


    Hach, es macht doch Spaß due Gegenposition zu vertreten, danke für diese Diskussion!

    36 (+2)
    Narf.

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