CHINA - Politik, Menschenrechte, Kultur

  • Kein ganzes Land zu verurteilen, aber sehr wohl eine Regierung, die Menschenrechte mit Füßen tritt wie kaum eine andere. Und das lässt sich nicht mit wirtschaftlichem Erfolg rechtfertigen.
    Das relativierst du leider ganz erheblich, wenn du diesen als Argument heranziehst.


    Auch dass viele Chinesen mit ihrem Leben glücklich sind, ist kein Gegenargument: Grundrechte schützen mit ihrem für Alle (!) geltenden Mindeststandard im Ergebnis immer die Minderheit vor der Mehrheit.

    Und was genau wisst ihr über die Regierung in China? Über die Entstehungsgeschichte der Kommunistischen Partei (=KP)? Kennt man die Hintergründe, dann versteht man, warum sie so erpicht darauf sind, die Macht zu behalten. Das hat mit der Zerrissenheit Chinas Anfang des 20. Jahrhunderts zu tun und mit den ausländischen Besatzern, dem schnöden Kolonialismus halt. Nachhaltige Revolutionen sind in China aufgrund von soziokulturellen Gegebenheiten immer schon schwer vonstatten gegangen, weil Gegenbewegungen es schwer hatten, sich zu vernetzen. Hinzu kommt, dass China Jahrhunderte lang ein Kaiserreich war - Autorität ist schlicht eine Gegebenheit - das hat auch mit konfuzianischen Werten zu tun, wie z. B, dass die Kinder die Autorität der Eltern zu akzeptieren haben. Aus China eine Demokratie zu machen ist schlichtweg eine Mammutaufgabe, die ganz bestimmt nicht dadurch erreicht wird, dass Ausländer ein Konzert absagen. Das interessiert die Chinesen nicht so sehr, was Ausländer über sie denken, weil sie sehr stolz auf ihre Kultur und Geschichte sind.


    Ich habe geschrieben, dass die KP etwas für den Wohlstand der Bevölkerung erreicht hat, damit meinte ich, dass sich der Lebensstandard der Bevölkerung, auch der auf dem Land, gebessert hat. Ich finde es steht uns Westlern einfach nicht zu, den Chinesen vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben. Gerade mit Blick auf die deutsche Geschichte - es ist nicht allzu lange her, dass hier die schlimmsten Verbrechen an Menschen begangen worden sind. Außerdem hat der Westen China und auch andere Kulturen der Welt ausgebeutet - wir sollten das einfach mal ins Bewusstsein rufen und dann noch mal überlegen, wie man jetzt damit umgeht. Das heißt nicht, dass ich gegen Kunstfreiheit und Pressefreiheit bin und gegen die Verhaftung von Menschen, die nicht systemkonform sind. Aber ich denke, es steht uns nicht zu, Veränderungen diesbezüglich einzufordern, dass müssen die Chinesen schon selber wollen und durchsetzen. Wenn sie uns um Hilfe bitten, ist das eine andere Sache.


    Dazu wollte ich noch an Vampyrella schreiben, dass die Hosen auch in der
    DDR gespielt haben. Zwar geheim, nicht so offieziell, aber eben für die
    Bevölkerung dort.

  • vielleicht, weil es so romantisch ist und der Zensor verliebt war?


    Vielleicht dachten dei Zensoren ja auch, dass Bullen Tiere sind und dass es im Sinne des Kommunismus ist, Banken auszurauben? :s_iro:

  • ich halte diese ansicht für falsch. denn damit wird ja gar nichts passieren. von wo soll denn da druck kommen? von der staatlich kontrollierten presse?
    fakt ist doch heute dass wir alle zig konsumgüter in händen halten die in china hergestellt sind. unter welchen umständen diese gefertigt werden wissen die wenigsten. wem das in china zugute kommt genauso. aber das hält die welt nicht davon ab, in china produzierte ware zu kaufen. damit will ich sagen: diesen teil nehmen wir uns, china ist nicht isoliert.

    Wer weiß denn bitte nicht unter welchen Umständen der Scheiß produziert wird? Da muss man doch nun wahrlich nicht "China Blue" gesehen haben um zu wissen, was da abgeht. Der Umgang der westlichen Welt mit China ist nun wirklich DAS Paradebeispiel von westlichem Zynismus. Aber hauptsache der dicke bärtige Künstler sitzt nicht mehr im Knast...

  • @Couchpotatoe: du machst es dir für mich trotzdem zu einfach, besonders in deinen ersten Posts. Nach deinem letzten, dem langen, Post kann ich zwar besser verstehen, was du meinst.


    Aber Sätze wie

    Zitat

    Man kann über totaliltäre Regime denken was man will, aber im Falle Chinas muss man einfach anerkennen, das die Kommunistische Partei viel für den Wohlstand der Bevölkerung erreicht hat.

    halte ich für sich genommen und ohne Einordnung geäußert einfach für katastrophal. Mit der gleichen Argumentation könnte man (- nur scheinbar natürlich -) auch Hitler rechtfertigen. "Man kann über Hitler ja denken was man will...aber man muss einfach anerkennen, was er in Gebiet X...". Kennt man leider.


    Ähnlich so ein unscheinbares, aber eine nicht bestehende Gleichwertigkeit andeutendes:

    Zitat


    Außerdem hat jedes politische System seine Vor- und Nachteile

    Es ist nicht bloß ein neutrales Gemisch aus Vor- und Nachteilen zwischen grundrechtsfester Demokratie und totalitärem Regime, in dem politische Gegner einfach mundtot gemacht werden können. Beide Staatsformen sind - auch trotz aller geschichtlichen und kulturellen Unterschiede - etwas ganz zentral verschiedenes. Entweder du hast ein umfassendes und ausnahmslos für Alle geltendes Grundrechtsgefüge mit einer Gerichtsbarkeit, die dieses auch gegen die Exekutive schützt, oder aber du bist den Machthabern als Bürger wenns mal hart auf hart kommt mangels Korrektiv machtlos ausgliefert und musst gezwungenermaßen den von oben diktierten Weg gehn.
    Das wird nicht dadurch besser, dass es für die allermeisten Leute nicht hart auf hart kommen wird. Man opfert für ein schnelleres "Vorankommen" ohne jedes Recht hierzu die Freiheit oder sogar das nackte Leben missliebiger Menschen. Und das ist der Punkt: Auch die haben (oder hatten) nur das eine Leben - die Lebenszeit jedes einzelnen Regimegegners ist kein Stück weniger wertvoll als deine eigene.


    Auch deine Argumentation à la "gerade als Deutscher sollte man gegenüber anderen Ländern vorsichtig sein" sehe ich in der Hinsicht nicht. Im Gegenteil: Gerade als Land, in dem mehrere Diktaturen überwunden werden konnten, und in dem man sich danach eben für Grundrechte und Demokratie entschieden hat, ist man in meinen Augen prädestiniert um da mitzureden und für diese Ideen zu werben. Wenn ich lese, wie dieses perverse geplante Überwachungs- und Bewertungssystem für alle Bürger ausgestaltet ist - alles hängt davon ab, ob man gut ist, und was gut ist, bestimmt natürlich die Partei - wird mir ganz schwindlig. Da bin ich dankbar für jeden, der sich dort für Werte wie Grundrechte, Rechtsstaat und Demokratie einsetzt.



    "Mit 15 schrieben wir noch Parolen an die Wand,
    die keiner von uns damals...so ganz genau verstand."

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  • Ähm, und Du denkst, es ist das Verdienst der deutschen Bevölkerung, dass die Diktaturen verschwunden sind? Hmmm - wenn Du dich da mal nicht täuschst. Der Zweite Weltkrieg wurde militärisch verloren und die DDR konnte ohne die Sowjetunion nicht überleben. Da hatten es Widerstandskämpfer leichter. Es gab soweit ich weiß keine richtige Revolution in Deutschland im 20. Jahrhundert.
    .
    Also ich bin halt jemand, der radikale politische Überzeugungen ablehnt, daher die Formulierung, dass jedes polititsche System seine Vor- und Nachteile hat.


    Und dir ist schon klar, dass die deutsche Demokratie zur Zeit wieder in großer Gefahr schwebt? Die USA sind in meinem Verständnis auch keine richtige Demokratie mehr....


    Aber es ist spät - keine gute Uhrzeit für solche Debatten, denke ich...

  • Ähm, und Du denkst, es ist das Verdienst der deutschen Bevölkerung, dass die Diktaturen verschwunden sind? Hmmm - wenn Du dich da mal nicht täuschst. Der Zweite Weltkrieg wurde militärisch verloren und die DDR konnte ohne die Sowjetunion nicht überleben. Da hatten es Widerstandskämpfer leichter. Es gab soweit ich weiß keine richtige Revolution in Deutschland im 20. Jahrhundert.


    Wo habe ich denn das behauptet? Ich habe geschrieben die Diktaturen wurden überwunden. Trotzdem ist Deutschland eines der wenigen Länder, wo noch Menschen Leben, die eine oder sogar beide Diktaturen erlebt haben und sie mit einer völlig anderen Glaubwürdigkeit der folgenden Demokratie gegenüberstellen könne. Die halte ich für wichtige Stimmen gerade auch für Menschen, die zurzeit in totalitären Systemen leben. Das Wort "Revolution" habe ich übrigens in der ganzen Diskussion noch nicht benutzt, leider erweckst du mit deiner "Widerlegung" den Eindruck.


    Guck mal, ging ganz ohne Polemik! Es wäre schön, sachlich diskutieren zu können, ohne das Gegenüber als dämlichen idioten, der den 2. Weltkrieg nicht kennt, hinstellen zu müssen.


    Zitat

    Also ich bin halt jemand, der radikale politische Überzeugungen ablehnt, daher die Formulierung, dass jedes polititsche System seine Vor- und Nachteile hat.

    Für mich sind radikale politische Überzeugungen immer noch die, die die Absolutheit der Menschenrechte - also deren ausnahmslose Geltung für jeden Menschen, allein weil er ein Mensch ist - nicht akzeptieren. Genau das scheinst du nicht so eng zu sehen, solange es in dem System andere Vorteile gibt. Wieso ich das für furchtbar halte, habe ich oben dargelegt. Menschenrechte sind keine Detailfragen, sondern der absolute Mindeststandard.

    Zitat

    Und dir ist schon klar, dass die deutsche Demokratie zur Zeit wieder in großer Gefahr schwebt? Die USA sind in meinem Verständnis auch keine richtige Demokratie mehr....


    Aber es ist spät - keine gute Uhrzeit für solche Debatten, denke ich...

    Ist das jetzt ein Grund, sie gleich aufzugeben, oder sie umso mehr zu verteidigen und überall für ihre Werte zu werben? ?( Ich bin für zweiteres!

    "Mit 15 schrieben wir noch Parolen an die Wand,
    die keiner von uns damals...so ganz genau verstand."

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  • wer sagt, dass ich dich widerlegen wollte? Ich finde Deine Gedanken spannend und interessant. Aber ich bin was China betrifft anderer Meinung. Du kennst das Land nicht gut, sonst würdest Du etwas dazu schreiben. Und das ist mein Punkt: "Dieser Gedanke, wir in Europa haben die Freiheit und müssen sie den armen Chinesen auch bringen oder können ihnen zumindest etwas darüber berichten" stört mich einfach total. Nicht weil ich nicht für Menschenrechte bin, sondern weil genau dieser Überlegenheitsgedanke ideologische Grundlage für unfassbar viele Verbrechen an außereuropäischen Kulturen war und die Auswirkungen sind noch heute spürbar. Es ist schwierig für mich, Studieninhalte aus mehreren Jahren hier jetzt eloquent darzulegen.

  • Mir gings es auch nur um die Absolutheit der Menschenrechte. Es ist jedes einzelne Mal furchtbar, wenn Menschen Menschenrechte missachten - völlig egal aus welchem Grund das geschieht. Deswegen wurde hier so allergisch auf deine "Jede Staatsform hat Vor- und Nachteile"-Entgegnung reagiert, welches das eben relativiert. Dazu muss man auch kein Land kennen, die Sache steht gerade über jeden Land.


    Aber auch die gerade genannten Aspekte sprechen für mich gerade dafür, an dieser Stelle auf keinen Fall auch nur einen Milimeter Relativierung zuzulassen. Denn wenn die Absolutheit der Menschenrechte - wie es ohne jede Unklarheit jederzeit überall sein sollte - von den Europäern immer beachtet worden wäre, hätte es auch die fürchterlichen von dir genannten Verbrechen nicht gegeben. Kann man heite natürlich einfach sagen, aber ändert an der Richtigkeit nix.


    Gerade deswegen sollte man in meinen Augen tun was man kann, damit sich diese furchtbare Nichtanerkennung für Einzelne in keinem Land fortsetzt. Ich fühl mich dabei kein Stück überlegen, nur in eine glücklichere Situation geboren. Und das will ich möglichst vielen ermöglichen.

    "Mit 15 schrieben wir noch Parolen an die Wand,
    die keiner von uns damals...so ganz genau verstand."

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  • Und wie willst Du das anstellen? Lass hören - interessiert mich jetzt echt, obwohl ich eigentlich denke, dass jeder für sein Glück selbst verantwortlich ist....

  • obwohl ich eigentlich denke, dass jeder für sein Glück selbst verantwortlich ist....

    Und für sein Pech damit also auch? Sorry, aber das ist jetzt wirklich etwas sehr stark vereinfacht.
    Die Voraussetzungen für "Glück" sind, je nachdem, wo du zufällig hineingeboren wirst, sehr unterschiedlich. In einem Bürgerkriegsland oder im Slum in der "dritten Welt" geht es mir objektiv betrachtet schlechter, als in (auf?) Island...
    Individuelles Glück ist natürlich relativ, aber unterdrückt oder verfolgt zu werden, Hunger zu leiden etc. liegen zumeist nicht in der Eigenverantwortung.

    Es hat sich vieles getan, auf Dosenbier gibt es jetzt Pfand,
    aber die meisten von uns leben noch, das war nicht immer so geplant.
    (Koyaanisqatsi)

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  • sich dagegen zu wheren oder davor zu fliehen schon.

  • sich dagegen zu wheren oder davor zu fliehen schon.

    Kann aber auch schnell mal mit dem Tod enden. Nicht meine Definition von "Glück". Und nachdem du indirekt vorher anderen westlichen Chauvinismus unterstellt hast, weil die ja nicht verstehen, dass die Chinesen eben gerne autoritätshörig sind, finde ich das besonders geschmacklos.

    Es hat sich vieles getan, auf Dosenbier gibt es jetzt Pfand,
    aber die meisten von uns leben noch, das war nicht immer so geplant.
    (Koyaanisqatsi)

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  • Solange wir nicht anfangen, uns für die Ideen anderer Kulturen wirklich zu öffnen, sondern nur einfach urteilen, hilft das niemandem weiter, zu sagen, die sind ja alle so arm dran, man muss ihnen helfen. Das empfinde ich als indirekte Beleidigung, weil man den Menschen die Fähigkeit abspricht, selbst für sich Verantwortung zu übernehmen. Das ist mein Punkt.

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