03.09.18 - Chemnitz

  • Den Artikel finde ich auch etwas schwierig. Einerseits stimmt die Grundaussage, andernfalls wird es am Ende ein wenig unsachlich. Der Onkelzvermerk ist Unsinn, zumal ich mir nicht vorstellen will, was die Gesinnungspolizei eigentlich vor Ort gemacht hätte, wenn die wirklich da gespielt hätten. Gab es ja in der Vergangenheit genug Versuche, die dann seitens des Mobs torpediert wurden.... Im Zuge der Social Media Diskussion wurde ja seitens der Gegner des Konzertes gerne mal ein Songtext von Drei Fahne Schiffswirsing hervorgebracht um das Konzert zu diskreditieren, was dann von Berichterstattern mit dem Vermerk quittiert wurde, dass sich die Band von diesen Texten distanziert habe. Warum geht das bei einer Band ganz einfach und bei einer anderen gibts immer nur den dummen Randvermerk? Und wieso eigentlich Rammstein? Die ganze Passage ist mehr als merkwürdig und hat einen sehr faden Beigeschmack.....


    Es zeigt aber auch, dass es offenbar keinen eindeutigen Konsens gibt, wofür diese Veranstaltung nun eigentlich genau stand, wie auch die Diskussion hier zeigt. War es eine Mutmachaktion für die, die sich gegen den Nazimob stellen? Ging es um die Deutungshoheit darüber, welche Bilder als Reaktion auf diesen Mord in Deutschland produziert haben, beziehungsweise diese Reaktion eben nicht Nazis zu überlassen? In dem Fall war das sicherlich eine gelungene Aktion, beziehungswiese eine vernünftige Reaktion.


    Die verschiedenen Künstler sind ja auch durchaus verschieden mit ihrer Plattform umgegangen, manche mit Humor, manche mit der Verbohrtheit, die ihnen nun mal innewohnt. Gerade von Campino hätte ich mir da eventuell aber schon ein klein wenig mehr Substanz gewünscht. Es ist nicht nur Chemnitz, es ist nicht nur ein Nazimob und deswegen ist "Alerta, Alerta" brüllen alleine auch keine Lösung.


    Das macht das ganze so schwierig: Sicherlich eine gelungene Veranstaltung. Aber gerade Campino, der nun doch all zu gerne den Zeitgeist in der Presse kommentiert, hätte da schon mehr draus machen können.


    Die Diskussion über Setlist und Auftreten finde ich allerdings auch halbwegs absurd. Instrumental hat die "Schrei nach Liebe" Version schon sehr geil geklungen, muss ich aber sagen....

  • Jihadi Julians ausländerfeindliches Hetzblatt "Bild" hat jetzt KIZ entdeckt :D

    Es kommt die Zeit
    in der das Wasser wieder steigt...
    Es kommt die Zeit
    in der der Airport wieder brennt...

  • Ohne das Käseblatt gelesen zu haben: Schön, daß K.I.Z. sich gegen Rechts positionieren - aber das ist echt so'ne Band zum weghören. Abgesehen davon, daß ich die Texte in Chemnitz größtenteils (zum Glück) akustisch eh nicht verstanden habe, hat das Googlen der Lyrics mich einmal mehr zum Stirnrunzeln gebracht (Beispiel "Affe und Pferd"). Wenn das der Inbegriff von Hip Hop ist - bitte. Ich find's ziemlich unterirdisch und niveaulos...

    "Morgen ist auch noch ein Tag", sagte der Optimist.
    (Werner Mitsch)

  • Ich hatte und habe mit der Band auch so meine Probleme, der Humor mit seinen vielen ironischen Brechungen und völlig überdrehten Überspitzungen, die über normales persiflieren massiv hinausgehen, ist schon sehr speziell... allerdings fand ich das auf der "Hurra, die Welt geht unter" LP deutlich weniger anstrengend, als auf den Sachen, die ich von älteren Veröffentlichungen her kannte.


    Das von dir angesprochene "Affe und Pferd" finde ich auch absolut grauenhaft... den Titelsong der von mir genannten Scheibe würde ich dir als Alternative trotzdem mal empfehlen.

    Es hat sich vieles getan, auf Dosenbier gibt es jetzt Pfand,
    aber die meisten von uns leben noch, das war nicht immer so geplant.
    (Koyaanisqatsi)

  • Über K.I.Z. habe ich auch nur mit dem Kopf geschüttelt, bis ich sie als Vorband gesehen habe und gezwungenermaßen ganze Songs von ihnen gehört habe. Ich finde, dass sie der Deutschrap-Szene den lange benötigten Zerrspiegel vorgehalten haben und das Genre gekonnt durch den Kakao ziehen. Von ihrem kreativen Umgang mit der deutschen Sprache ganz abgesehen, Zeilen wie "Der Kopf im Boden, wie Vogel Strauß" sind da von einem ganz anderen Kaliber.

    010111001101 00001010101 0101 01 010 1010111 011101 01101011010110101010

  • Tja, K.I.Z.... - seit "Was willst du machen" (war das nicht ursprünglich mal ein Solotrack?) gibts da die Diskussion ob das okay ist oder nicht.
    Ich hab anfangs nicht so ganz verstanden, was genau daran witzig sein soll, sich auf dem gleichen Niveau von Deutschrap zu bewegen und es halt nur nicht ernst zu meinen - so lächerlich wie vieles im Deutschrap allerdings geworden ist, sehe ich das zumindest langsam schon irgendwie als gelungen an, auch wenn mich die Musik nicht kratzt.


    Was man bei K.I.Z. sehen kann, ist allerdings auch eine gewisse Doppelmoral... Weil sie für viele politisch zu "Den Guten" gehören, ist die Verwendung von Provokation und beleidigender Sprache auf einmal kein Thema mehr und ein reines Stilmittel, kaum hat man aber jemanden aus dem konservativeren Spektrum, ist das ganze auf einmal tabu. Ich bin mir nicht sicher, ob Harald Schmidt heute noch so unproblematisch laufen würde, wie es damals der Fall war....


  • Was man bei K.I.Z. sehen kann, ist allerdings auch eine gewisse Doppelmoral... Weil sie für viele politisch zu "Den Guten" gehören, ist die Verwendung von Provokation und beleidigender Sprache auf einmal kein Thema mehr und ein reines Stilmittel, kaum hat man aber jemanden aus dem konservativeren Spektrum, ist das ganze auf einmal tabu. Ich bin mir nicht sicher, ob Harald Schmidt heute noch so unproblematisch laufen würde, wie es damals der Fall war....

    Es ist aber auch in der Tat ein Unterschied, ob sich jemand von "den Guten" (ich übernehme die Formulierung mal eben) eines Stilmittels bedient, um damit Missstände ironisch aufzugreifen, oder ob jemand aus dem konservativen Spektrum gewisse Formulierungen (bspw. vermeintlich humoristische Überspitzungen) bewusst nutzt, um seine Ansichten besser verkaufen zu können. Beim politischen Aschermittwoch liefert die CSU da gerne anschauliche Beispiele... ;)
    Manchmal kommt es ja wirklich auch drauf an, wer etwas sagt, um die Aussage in den richtigen Kontext zu setzen, das ist für mich nicht unbedingt Doppelmoral.


    Harald Schmidt war von Links aus gesehen meine ich auch früher nicht gerade unumstritten. Da glaube ich nicht, dass das heute nennenswert anders wäre als zu den Hochzeiten seiner Sendung.

    Es hat sich vieles getan, auf Dosenbier gibt es jetzt Pfand,
    aber die meisten von uns leben noch, das war nicht immer so geplant.
    (Koyaanisqatsi)

  • Es ist aber auch in der Tat ein Unterschied, ob sich jemand von "den Guten" (ich übernehme die Formulierung mal eben) eines Stilmittels bedient, um damit Missstände ironisch aufzugreifen, oder ob jemand aus dem konservativen Spektrum gewisse Formulierungen (bspw. vermeintlich humoristische Überspitzungen) bewusst nutzt, um seine Ansichten besser verkaufen zu können. Beim politischen Aschermittwoch liefert die CSU da gerne anschauliche Beispiele... ;)
    Manchmal kommt es ja wirklich auch drauf an, wer etwas sagt, um die Aussage in den richtigen Kontext zu setzen, das ist für mich nicht unbedingt Doppelmoral.


    Harald Schmidt war von Links aus gesehen meine ich auch früher nicht gerade unumstritten. Da glaube ich nicht, dass das heute nennenswert anders wäre als zu den Hochzeiten seiner Sendung.

    Naja, Schmidt hat aber selbst satirisch zugespitzt. Ich glaube nicht, dass irgendeine seiner Geschichtsvereinfachungen das Ziel hatten, wirklich die deutsche Geschichte zu revidieren. Seine gespielte Amerikahörigkeit um den Irakkrieg herum war ja auch nix anderes als Satire. Ich finde es schwer, Satire vorzuschreiben, was sie darf oder nicht darf, vor allem wenn man das nur an einer politischen Gesinnung festmacht. (Nicht demokratische oder verfassungskonforme Beispiele sind ausgenommen). Das gilt natürlich für K.I.Z., die für einiges zu stehen, was ich nicht gut finde - aber eben auch für andere. Ich verweise da mal auf den Schweizer Kabarettisten Andreas Thiel. Der ist zwar auch ein manchmal fragwürdiger Kautz, hat das aber sehr gut auseinandergenommen. Aber das wird jetzt ein wenig Off Topic.


    Man könnte aber auch bei K.I.Z. argumentieren, dass es oft relativ offen ist, wo die Persiflage aufhört und die echte Haltung anfängt, zumal sie auch (zumindest früher) durchaus Künstler geschätzt haben, denen diese Ironie völlig fehlt...

  • Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdene Mädchen Medien hat gesagr "KIZ ist Satire und nicht zu Indizieren"

    Es kommt die Zeit
    in der das Wasser wieder steigt...
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  • vieles von KIZ ist (meines erachtens) ziemlich misslungene satire und provokation. bsp.: affe und ein pferd. hat im ganzen text vielleicht 4 lines wo man sagen kann, die sind gelungen. wo das zusammenspiel von provokation, ironie, kritik, wortwitz und relevanz funktioniert. der rest ist ziemlich stumpf und hebt sich nicht wirklich von schlechtem rap ab, wo man dann schon der meinung sein kann, dass das dann keine gelungene persiflage mehr ist (im gegensatz zu den unpolitischen, aber doch teilweise sehr witzigen frühen texten). insgesamt sehe ich die band aber als enorm wichtig für die deutsche musiklandschaft an. so texte wie biergarten eden, boom boom boom, oder hurra die welt geht unter, sind in dieser deutlichkeit von niemandem sonst zu erwarten.


    klar ist aber auch: KIZ macht keine mucke für die liberale mitte, oder die gemäßigte politische linke, die auf versöhnung, dialog und gemäßigkeit setzen möchten. zitat aus chemnitz: "wir wurden als verfassungfeindlich und linksextrem bezeichnet. kappier ich nicht, wo ist jetzt der diss?". klar kann man jetzt sagen, auch das ist gezielter tabubruch um den diskurs um linksradikalismus auf einer oberflächlichen ebene überhaupt nicht zuzulassen. im sinne von "reclaim". aber wer die texte liest und versteht, der weiß auch, dass eine klare abgrenzung stattfindet, dass es auch um konfrontation geht, nicht um gesellschaftlich breite bündnisse, deren scheinheiligkeit entlarvt werden sollen.


    bei KIZ gehts in den politischen texten teilweise auch darum: was in der welt falsch läuft, läuft nicht wegen ein paar nazis falsch. wenn man sich die wegdenkt, ist es vielleicht ein bisschen kuscheliger in deutschland und europa. flüchtlinge würden aber weiter zu tausenden an europas grenzen vorsätzlich sterben gelassen, fluchtursachen bestehen bleiben, mit subventionen für exporte die heimische wirtschaft von entwicklungsländern geschädigt, folterlager in lybien finanziert, westliche konzerne würden weiter bürgerkriege durch rohstoffkauf finanzieren, rüstungsexporte an kriegsverbrecher in u.a. saudi arabien weiter bestehen bleiben.... um nur mal ansatzweise ein paar dinge anzureißen. und zu guter letzt unterstützen wir alle durch unseren konsum diese spirale immer weiter. aber tricklet ja alles down irgendwann, irgendwann regnet der moralisch mehr als zweifelhaft erkaufte wohlstand doch auf jeden herab, hab ich gehört. "i bless the rains down in africa".


    aber um noch mal den turn zu KIZ zu machen: dass jetzt also die BILD sich nach der performance auf KIZ einschießt habe ich eigentlich erwartet. und dass provokation letztlich auch auf der anderen seite angenommen wird, dürfte nun echt niemanden verwundern oder empören. ich glaub das ZDF oder die ARD haben auch das "nazis aufs maul" vom FSF gitarristen/sänger in der berichterstattung nachher kritisch diskutiert.

    Einmal editiert, zuletzt von wsv ()

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