Und mal wieder liegt die Schiebe auf meinem Plattenspieler... Keine Ahnung warum, doch die "Kreuzzug" ist die Schiebe, die in meiner Bauchgegend heute noch am meisten auslöst - wahrscheinlich weil es die erste Scheibe war, auf die ich als FAN gewartet habe. "Horrorschau" lernte ich ja erst nach "Hier kommt Alex" kennen und wurde zum Fan, bekam "Unter falscher Flagge" geschenkt. Wobei ich dasselbe Gefühl auch bei "180 Grad" habe, seltsamerweise - dieses komische Bauchgefühl der Verliebtheit, auch der Sehnsucht und sogar aus heutiger Sicht des Vermissen und der Nostalgie, weil die Jugend - und dessen war man sich ja nicht bewusst damals - nur ein ganz kleiner, kurzer und unwiederholbarer Abschnitt im Leben ist. Diese 6, 7 Jahre sind einmalig und kommen nie wieder. Der Übertritt von Kind zu erwachsen, die ersten richtigen Küsse (und mehr), neue Gefühle in sich entdecken, die mit 100 einschlagen und einem umhauen, auch der Aufbruch und Ausbruch vom gemachten Nest daheim - die Territorien erweiterten sich, der Aktionsradius ebenso...
Konzerte, erste Nächte nicht nach Hause kommen - das alles passiert zwischen 11/12 und 18. Und wird in dieser jungfräulichen Art nie wieder kommen. Danach ist man einfach "nur erwachsen" und wenn man nicht aufpasst stumpft man ab, wird zum Hamster im Rad - am besten noch mit Karotte vorne dran und strampelt sich ab. Für ein System, das man eigentlich SO gar nicht so gut findet. Man wird desillusioniert und gibt auf eine gewisse Weise auf, kapituliert...
Nicht dass ich falsch verstandne werde; es liegt an einem selbst, welche Wege man geht und wie man sie bewältigt. Wie glücklich man sich sein Leben gestaltet und wieviel Kind man behält. Und es gibt NATÜRLICH soviele neue Erfahrungen und Erkenntnisse, die einem täglich erfüllen. Klar!
Aber dieser "jugendliche Leichtsinn", diese Zerbrechlichkeit, gleichzeitig der Übermut, dieses Abenteuer des Entdeckens des Lebens - das wird es nie wieder geben. Höchstens Trips in andere Länder etc - doch das ist dann dasselbe einfach in grün, rot oder blau.
Wenn ich die "Kreuzzug"- Scheibe höre, bin ich wieder 12. Und erinnere mich, wie ich damals gedacht habe, spüre den Enthusiasmus und Idealismus, den ich damals - zwar enorm einseitig und unausgegoren, aber mit 100% meines Herzens - gefühlt habe.
Ich weiss nicht; der Hall, den Kuddel für die Platte gewählt hat, vertieft das Ganze noch... Da gibt es Momente, zB in "Sein oder Nichtsein" und "1000 Nadeln", da falle ich endlos tief, ohne Halt - aber das Fallen ist nicht unangenehm, sondern ein schönes Fallen. Und es tut weh - aber ohne Schmerz.
Bei der "Kauf mich" 1993 konnte ich mir (finanziell) mehr leisten, konnte der Band nachreisen und erlebte da viel Neues, war 100% am Ball - bei der "Kreuzzug" fanden diese Reisen im Kopf statt. Weg von Fussball und Eishockey, hin zu Abenteuer und Punk. Zu neuen Ufern... "5 vor 12" zeigte mir Wege auf, "Achterbahn", das ich zwar schon von der "Alex"-12" kannte, forderte eine Entscheidung, wie ich denn nun weitergehen will.
Insofern bleibt "Auf dem Kreuzzug in's Glück" für mich eine spezielle, fast einmalige Hosen-Scheibe mit einem Standing, das von anderen Alben nur schwer zu toppen ist.