Nachdem ich das Buch nun komplett gelesen und durchgeschaut habe, muss ich hier noch mal einen längeren Kommentar abgeben. Insgesamt finde ich den Bildband sehr gelungen! Allerdings ist es, wie bereits TobyTobsen2 erwähnte, schade, dass die Jahre 2003 bis 2005 komplett fehlen, weil meiner Meinung nach auch die Leipzig-Konzerte im Conne Island, die Konzerte in Argentinien, die Balkan-Tour, Live 8, die Unplugged-Konzerte und das weihnachtliche Vorprogramm Abvent ein paar Seiten verdient hätten. Da Donata Wenders die Hosen zwischenzeitlich begleitet hat, war das wohl nicht möglich. Die Gründe dafür, dass Gabowicz die Hosen nur bis 2002 fotografiert hat, sind mir unbekannt, aber dadurch, dass der Band nun 2006 erschienen ist, wirkt das letzte Shooting sehr gestellt – inklusive des Gabowicz-Kommentars: "Fast auf den Tag 20 Jahre..." Ja, Mensch, was für ein Zufall. Hätte ja auch blöd ausgeschaut, wenn das Buch mit dem Jahr 2002 geendet wäre. Da musste man sich schon nochmal treffen. Allerdings: die Sepiafotos gefallen mir trotz allem sehr, sehr gut. Sie geben auch insgesamt eine Entwicklung wieder, denn guckt man sich die Fotos aus den Anfangszeiten an, zeigen die lange nicht so eine Eleganz und Reife.
Ohne die zahlreichen Kommentare wäre das Buch nicht so aufschlussreich – und auch nicht so witzig und unterhaltsam. Ich musste bei einigen Kommentaren sehr lachen, ich weiß zwar nach über 300 Seiten nicht mehr bei welchen, aber es waren definitiv einige! Vieles wusste man zwar schon, aber ich persönlich habe immer noch eine Menge Neues mitgenommen. Wie ein roter Faden zieht sich wohl auch Campinos Kommentarstrategie durch den Bildband, wenn es um die Bewertung seines Aussehens und seiner Klamotten geht. Gibt es überhaupt ein Foto von sich, über das er nichts zu meckern hat? Sehr kritisch, der alte Mann – so schlimm sah er doch gar nicht aus! Aber wer kann sich schon selbst ausstehen? Aufgefallen ist mir bei den Kommentaren von Campino auch, dass er häufig gegen den werten Herrn Breitkopf stichelt. Der Arme tat mir manchmal richtig Leid. Minuspunkt auch, weil Vom und Wölli nicht zu Wort kommen.
Ich habe mir die von andy verlinkte Kritik durchgelesen und wollte zur folgenden Passage was sagen:
ZitatOriginal von Martin Risel
In den gelegentlichen kurzen Kommentaren des Fotografen wird deutlich, dass der eher ein Meister des Bildes ist als des Wortes. Und man sieht vielen Aufnahmen ihren Zweck an: Posing für Poster und Pop-Produktion. Zu viel glatter, perfekt inszenierter Hochglanz, zu wenig Kunst und Experiment. Nun haben sich die Toten Hosen ja auch nie die Avantgarde auf die (Totenkopf-) Fahnen geschrieben.
Ich finde, dass der Gabowicz einen sehr guten Ausdruck hat. Auch seine Zusammenfassungen waren "hilfreich" – von daher kann ich den ersten Satz wirklich nicht nachvollziehen.
Dem Rest stimme ich voll und ganz zu. Man merkt den vielen Studiofotos an, dass ein Bravofotograf am Werk war. Wenn es nach meinem Geschmack ginge, dann hätten viele dieser Shootings nicht in den Bildband gemusst, denn mit genau diesen Fotos habe ich sehr wenig anfangen können: sie haben mich gelangweilt, sie geben mir nichts, sie sagen nichts aus und sie passen auch nicht zum Charakter der Hosen. Die neueren Studiofotos finde ich erträglicher, weil dem Betrachter nicht so viel Buntes entgegenspringt. Ich glaube, teilweise konnten die Hosen mit den gestellten Fotos selber nichts anfangen. Ein Beweis dafür ist für mich die Verarsche von Gabowicz' Foto, das später als Cover der Roten-Rosen-Single "Alle Mädchen wollen küssen" diente. Ich glaube, die Hosen haben das nicht umsonst vollgekritzelt. Viele solcher Aufnahmen verlieren an Ausdrucksstärke, Qualität und Glaubwürdigkeit (Bsp.: S. 30/31 Foto Circus Krone "Hinter Gittern" und erst der Kommentar vom "Foto-Fuzzi": "Danach steckte ich die Hosen in einen Raubtierkäfig, fotografierte sie hinter Gittern und drohte scherzhaft, den Schlüssel für den Käfig zu verstecken, wenn sie nicht brav in die Kamera schauen würden!" Ähm...ja, alles klar.)
Es gibt dennoch einige Aufnahmen, die ich künstlerisch als gelungen ansehe, das ist das Foto von Campino in dem leerstehenden Raum, die Großstadtfotos in New York und die Kotzfotos von Halle. Das sind sehr schöne Motive!
Naja, großes Interesse hatte ich für die meisten Videodrehfotos auch nicht, aber das liegt an meinem generellen Desinteresse gegenüber vielem Filmerischen (?).
Den für Gabowicz sonst typischen Bravocharakter verlieren (und das ist positiv gemeint!) Live- und Backstageaufnahmen. Die haben mir die meiste Freude bereitet, weil sie meiner Meinung nach alles festhalten, was ein Konzert von den Hosen aus- und einmalig macht: die totale Verausgabung von Band und Fans, Intensität, jeden Abend bis an die Grenzen gehen, pure Leidenschaft, eben ein Leben für die Musik. Das hat Gabowicz sehr, sehr gut eingefangen!
Interessant fand ich auch, welch Diskussionen es um das Auftreten im Fernsehen und um die Annahme von Musikpreisen gab. Positiv in dem Zusammenhang waren ebenso die sehr offenen Kommentare von Breiti und Campino, in denen sie die Probleme mit gewissen Entwicklungen geschildert haben (Catering, Tontechniker, usw.).
Im Großen und Ganzen zeigt der Band sehr detailliert, dass sich die Hosen während ihrer 25-jährigen Geschichte sehr viele und sehr spezielle Sachen einfallen lassen haben.
Mir persönlich gefiel die Aktion mit dem Weihnachtskranz für die Zugabe (S. 128/129) sehr gut und dass beim Rosenmontagsumzug 20 Minuten kein Wagen mehr hinter dem der Hosen herfuhr, weil die Fans alles belagerten.
P.S.: Der Schuh auf S. 117 erinnert mich sehr an meinen. hehe.