Es ist immer noch unfassbar!

  • http://www.rp-online.de/hps/cl…musik_multimedia/konzerte


    Es ist immer noch unfassbar!
    von Dietmar Grabotin | Düsseldorf | 259 mal gelesen
    Heute vor genau 10 Jahren starb ein 16- jähriges Mädchen beim Konzert der Toten Hosen im Düsseldorfer Rheinstadion.
    Ich erinnere mich genau an die große Vorfreude! Das 1000. Konzert der Toten Hosen sollte etwas ganz besonderes werden. Ich hatte die Hosen zuvor schon ein paar Mal live gesehen, aber dieses Konzert sollte alles toppen.


    Schon mittags haben wir uns an einem damals sehr heißen Junitag auf dem Weg ins Stadion gemacht. Wir hatten Tribünenkarten und wollten, um gute Plätze zu bekommen, möglichst früh im Stadion sein. Wir haben dann relativ gute Plätze im Unterrang ergattert.


    Die Zeit bis zum Auftritt der Toten Hosen wurde zunächst mit dem Auftritt der Leningrad Cowboys verkürzt. Als die Hosen später als Mexikaner verkleidet als Einheizer zu ihrem eigenen Konzert aufgetreten sind, glich das Stadion bereits einem Hexenkessel. Der Auftritt der „Roten Rosen“, unter welchem Namen die Hosen in den 80ern ein Album mit punkigen Schlagertiteln aufgenommen haben, war grandios! Alle waren glücklich und friedlich und haben sich weiterhin auf DAS Konzert schlechthin gefreut.


    Im Vorfeld wurde bereits spekuliert, ob der Auftritt der Hosen wohl vier oder fünf Stunden dauern sollte. Nach eigenen Angaben wollten die Hosen die ganze Nacht durchspielen.


    Schon als „Bad Religion“ als letzte Vorband gespielt hat, bemerkte ich dass das Stadion ungewöhnlich voll war. Im Innenraum gab es fast schon kein Durchkommen mehr und auch die Sitzränge waren für diesen relativ frühen Zeitpunkt schon ungewöhnlich gut gefüllt.


    Als gegen zehn die Hosen die Bühne betreten haben, ist die Stimmung förmlich explodiert. Ich weiß nicht mehr, was die Hosen damals als erstes Lied (Es müsste „Krezzug ins Glück“ gewesen sein!) gespielt haben, aber ich weiß, dass es tierisch abgegangen ist. Das ganze Stadion war wie im Rausch.


    Der Innenraum war eine bebende Masse und ich war nach den ersten Liedern schon froh, dass ich mir keine Innenraumkarten gekauft hatte. Was da abging war einfach zu heftig. Campino hat die Masse immer wieder ermahnt, doch ein bisschen rücksichtsvoller zu sein und nicht ganz so sehr nach vorne zu drängen. Auf den großen Leinwänden konnten wir erkennen, was sich in den ersten Reihen abspielte. Wir erkannten, dass die vorderen Leute ziemlich eingequetscht waren und haben nur gehofft, dass alles gut gehen würde.


    Da immer mehr Leute nach vorne drängten und immer mehr Menschen aus der Masse heraus gezogen werden mussten, wurde das Konzert unterbrochen, damit die Masse sich erstmal beruhigen konnte.


    Erst nach einer knappen halben Stunde wurde das Konzert fortgeführt. Das Licht im Stadion wurde nicht mehr ausgeschaltet und es wurden größtenteils sehr ruhige Stücke gespielt. Die Stimmung war natürlich deutlich gedämpft und von einer großen Party konnte leider nicht mehr die Rede sein. Ich erinnere mich an diese unfassbare Stille, als „Böser Wolf“ gespielt wurde.


    Trotz allem war ich nach dem Konzert vom Auftritt der Hosen begeistert.
    Sicherheitshalber habe ich von der Telefonzelle aus meine Mutter angerufen um ihr zu sagen, dass ich okay sei. Ich wusste, dass sie das Konzert vor dem Fernseher verfolgt hat und sich sicherlich Sorgen machen würde.


    Was wirklich passiert war, konnte zu diesem Zeitpunkt noch keiner der Besucher ahnen: In der Menschenmenge wurde die erst 16- jährige Rieke aus Holland zu Tode gequetscht. Während der Unterbrechung wurde der Band die unfassbare Nachricht übermittelt. Campino & Co. haben sich jedoch dazu entschieden, dass Konzert im gemäßigten Rahmen zu Ende zu bringen, weil die Angst vor einer Massenpanik zu groß war.


    Als ich die Nachricht am nächsten Tag im Radio gehört habe, war ich völlig geschockt. Wie konnte das passieren? Warum gab es keine Wellenbrecher? Wurden zu viele Leute ins Stadion gelassen? Ich habe damals jeden Zeitungsschnipsel über das Konzert gesammelt und lese mir die Artikel auch heute gelegentlich noch durch. Ich kann auch heute noch nicht so recht begreifen, was damals passiert ist.


    Als ich vor fünf Jahren der Sprengung des alten Rheinstadions beiwohnte, habe ich mich nicht nur an unzählige Spiele der Fortuna, die ich bis dahin besucht hatte, sondern natürlich auch an diese schreckliche Tragödie erinnern müssen.


    Die Toten Hosen haben nach dem 1000. Konzert überlegt, sich aufzulösen, haben sich aber zum Glück dagegen entschieden.
    Vor knapp zwei Jahren gab es dann wieder ein großes Konzert in Düsseldorf. Ort des Geschehens war nicht mehr das Rheinstadion, sondern die LTU- Arena, die kurz zuvor an gleicher Stelle erreichtet wurde. Dieses Konzert haben auch die Eltern des verunglückten Mädchens besucht.


    Ich habe wieder auf der Tribüne gesessen und konnte von oben sehen, wie die Leute in den ersten Reihen auf die Knie gesunken sind, als Campino, das Lied „Nur zu Besuch“, das er eigentlich für seine verstorbene Mutter geschrieben hat, Rieke gewidmet hat. Ich weiß nicht, ob ich je zuvor so eine Gänsehaut hatte.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!

  • Registrierte Mitglieder haben die folgenden Vorteile:
  • ✔ kostenlose Mitgliedschaft
  • ✔ direkter Austausch mit anderen DTH-Fans
  • ✔ keine Werbung im Forum
  • ✔ neue Fragen stellen oder Diskussionen starten
  • ✔ kostenlose Nutzung unseres Marktbereiches
  • ✔ eigene Konzertübersicht
  • ✔ und vieles mehr ...