Opium fürs Volk

  • Hab mir grad noch mal nach gefühlten Ewigkeiten die Scheibe angehört und war immer großer Anhänger der platte.aber irgendwie...weiß nicht genau was mir grad fehlte...klar:cover,Optik,Konzept find ich immer noch sehr stimmig.auch gibts dile großartigen dunklen,sperrigen und abgründigen Songs wie Mensch,10 gebote,Ewigkeit(als erste Single !!) und das alles überstrahlende bzw in den Abgrund ziehende seelentherapie,ein song der mich immer noch anfällt wie ein Monster.und auch VIVA la Revolution hat von seiner stimmigen musikalischen wie textlichen Wehmut nichts eingebüßt.aber einiges wirkt mit knapp 20 Jahren Abstand auch halbgar wie ne vergessene b-seite (fliege,usw,und wir leben,er denkt...):alle nicht schlecht,aber auch nicht wirklich hammer.richtig schlecht und peinlich find ich inzwischen bzw immer noch den bösen Wolf,den dub-versuch und vor allem xtc...oh Mann.auch erschreckend fand ich,wie ausgelutscht inzwischen bonnie u Clyde und Paradies durch die ewige livepräsenz inzwischen sind,direkt vorgeskippt und werd ich wohl nie mehr bewusst reinlegen.bleiben die unterschätzten Songs lügen und Froschkönig:immer noch traurig schöne Liebeslieder die zeitlos sind und deshalb gut gealtert.insgesamt also knapp die Hälfte der Songs lohnen sich noch für mich,hatte ich besser in Erinnerung...
    Hab ich was vergessen?nee.verdrängt?ach ja,Jägermeister...

  • Um die Uhrzeit höre ich meist nix mehr :D.


    Aber Seelentherapie ist ein starker Song. Da geb ich euch Recht.

    "Nichts ist schwerer und erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!"

  • Bei mir würde die Scheibe heute wohl auch etwas reduziert ausfallen, wobei mich beim Durchhören eigentlich relativ wenig stört (sofern ich nach Lied 17 abschalte ;) ).


    Wegfallen würden tendenziell:
    Böser Wolf - die Melodie fand ich immer etwas nervig, der bemühte Text nur mäßig umgesetzt, insgesamt einfach verzichtbar, auch wenn es schlimmere Stücke gibt.
    Ewig währt am längsten (Dub)
    - der Übergang von "Nichts bleibt für die Ewigkeit" hierher ist zwar schön fließend, aber das war schon beim ersten Durchlauf damals eher lästig.
    Er denkt, sie denkt - Zu zahm... ein ähnliches Thema wurde besser in "Wahre Liebe" behandelt, der Ansatz ist ok, aber der Text ist nicht allzu bissig und die stark gebremste Akustik-Musik mit dem schlagerartigen Refrain tragen auch zu keinem positiven Gesamteindruck bei.
    Jägermeister - Fand ich damals total witzig (könnte aber auch der Tatsache, dass ich bei Erscheinen gerade mal 10 war, geschuldet sein), ging auch eine ganze Weile gut, wurde dann aber totgenudelt und war für mich eigentlich ein Jahr später schon schwer erträglich. Dürfte meinetwegen auch für immer aus dem Liveset verschwinden.


    Der Rest ist aber auch heute noch gut, einiges herausragend. Wobei "Paradies" und auch "Bonnie & Clyde" sicherlich eine zwischenzeitige Liveabstinenz gut tun würde.

    Es hat sich vieles getan, auf Dosenbier gibt es jetzt Pfand,
    aber die meisten von uns leben noch, das war nicht immer so geplant.
    (Koyaanisqatsi)

  • Ich bin ja ein großer Fan dieser
    Album-Threads, die einen immer mal wieder dazu bringen, sich Alben noch mal
    ganz bewusst und am Stück anzuhören. Eins vorweg: Die Platte habe ich in einer
    Phase kennen- und lieben gelernt, als ich während der Veröffentlichung längere
    Zeit im Krankenhaus lag. Die Platte hat damals exakt meine Stimmung aufgenommen
    und mich in der Zeit sehr beschäftigt und an die Hand genommen – unter diesem Aspekt
    wird sie immer einen besonderen Platz einnehmen. Sie ist für mich persönlich
    ein wunderbares Beispiel, wie Musik sehr schnell und sehr stark alte Emotionen
    wieder hervorholen kann. Ein ganz wunderbares Gefühl.


    Zur Platte selbst. „Kauf mich!“ als Vorgänger-Album, auch
    ein Konzept-Album, aber mit völlig anderer Ausrichtung, laut und schrill wie
    eine Neonröhre, mit maximalem Aufmerksamkeitsdrang – dazwischen noch die beiden
    Lückenfüller „Reich & sexy“ und „Love, Peace & Money“. Und dann „Opium
    fürs Volk“. Die Idee wird schon auf dem Cover klar: Dieses Album ist eine
    Schraube in deinem Kopf und sie soll sich drehen.


    Ich bin durchaus ein großer Fan von Konzeptalben mit einer
    Album-übergreifenden Dramaturgie und von daher mag ich auch das Vaterunser, das in die Tradition so
    einiger Aufmacher einzieht und die perfekte Rampe für Mensch bildet. (Schade nur, dass die Klammer am Ende nicht
    geschlossen wird.) Endlich scheppert das Schlagzeug wieder. Bass und Drums
    geben wie es im Einmaleins der Bandmotorik vorgesehen ist, den Ton an. Das Lied
    will sperrig wirken, groovt aber gleichzeitig wunderbar und baut sich auf zu
    einem Refrain, der ungestüm eine Melodie anreißt, ohne es dabei allzu sehr zu
    übertreiben. Der Mittelteil, in dem Wölli sich austoben darf (ich finde die „Opium“
    im übrigen DAS „Schlagzeug-Album“ der Hosen), zieht mich noch heute in den Bann.
    Dann kommt Die Fliege. Wie ein mieser Parasit mogelt es sich zwischen
    die eigentlich logischer aufeinanderfolgenden Mensch und Die zehn Gebote.
    Ich bin in meinem ganzen Leben noch nicht auf die Idee gekommen, dieses Lied
    separat vom Albums-Kontext zu hören, aber wenn es kommt, dann entwickelt sich
    eine wahre Hass-Liebe: Einerseits erzeugt dieses Lied kein gutes Gefühl,
    andererseits zieht es das Unangenehme so konsequent durch, dass ich hängen
    bleibe, zumal ich musikalisch nichts an den knackigen 1:54 auszusetzen habe.
    (Übrigens musste ich Jahre später bei Die
    Behauptung
    wieder an Die Fliege
    denken – hinterlässt bei mir die gleichen Gefühle.) Dann Die zehn Gebote, ein wunderbar reduzierter Beginn, Wölli bekommt
    wieder seine fünf Minuten Ruhm und führt den Song an – ähnlich wie Mensch ein sperriger Klotz, der im
    Refrain wieder ein bisschen weichgeklopft wird, ohne dabei aber ein Popsong
    sein zu wollen. Wunderbar. Der Text ist so simpel wie wirkungsvoll, ich mag die
    Provokation, ich mag die Proklamation, auf dem ganzen Album, unserer
    Fehlbarkeit, die im religiösen Eifer keinen Spielraum kennt. Böser Wolf, hier im Forum ja durchaus
    sehr kontrovers diskutiert, mochte ich schon immer sehr gerne. Musikalisch
    genau das, was es zwischen Die zehn
    Gebote
    und Nichts bleibt für die
    Ewigkeit
    braucht, eine Melodie, so melancholisch, dass ich gerne drin bade
    und den Bösen Wolf als Sinnbild mochte ich ebenfalls. Ich mag an dem Song die
    kindliche Erzählweise im Kontrast zum Inhalt. Doch all das wirkt bloß wie ein
    Vorspiel für den ersten richtigen Weckruf auf dem Album: Nichts bleibt für die Ewigkeit. Dem Lied wird alle Zeit der Welt
    gegeben, um sich vor dir aufzubauen und dir dann direkt ins Gesicht zu kotzen,
    einen Spiegel vorzuhalten, der die ungeschminkte Wahrheit zeigt. Ein Brecher,
    der gerade als Single so nicht zu erwarten war und in diesem Kontext so richtig
    einschlägt, wie eine Granate beim Seniorentanz. Ewig währt am längsten, gut, der klassische Füller, braucht es
    sicher nicht. Skippen wir direkt also weiter zu Und so weiter. Kann man in der Länge machen, von mir aus hätte man
    aber auch direkt weiter zu Bonny &
    Clyde
    wechseln können. Ja, der Song ist abgenudelt, aber im Verlauf des
    Albums empfinde ich den Song noch heute als erfrischend, da man mal ein
    bisschen runterkommen kann – die Geschichte höre ich mir wie die des Bösen Wolf noch gerne an. Und
    offensichtlich braucht auch ein vergleichsweise sperriges Hosen-Ablum eben
    seine Hits. Fair enough. Der Froschkönig
    ist zusammen mit Lügen sicherlich
    eins der schönsten Songs „aus der zweiten Reihe“, Songs die gerne untergehen,
    weil sie nicht auf dicke Hose machen. Die stillen Wasser, die verdammt tief
    sind. Der Froschkönig erzählt wunderbar
    pointiert den alltäglichen Zerfall einer einst glühenden Beziehung, der so
    feinsäuberlich seziert in seiner Wahrheit schmerzt und dabei berührt. Lügen beschreibt den jämmerlichen
    Zustand desjenigen, der mit der Trennung nicht klarkommt, musikalisch ebenfalls
    perfekt als Soundtrack festgehalten, für jeden unverdienten Liebeskummer noch
    heute ein unverzichtbarer Song. Paradies
    finde ich stark, da es wieder vehement in den roten Faden des Albums einzahlt –
    und auch wenn es durch zahlreiches Spielen genau wie Kollege Bonny & Clyde an Lack verloren hat,
    war es ursprünglich nie der Radio-Hit, zu dem er schließlich gemacht wurde. Und wir leben finde ich dann wieder
    verzichtbar – zumal mit Und so weiter
    gefühlt als kleiner Bruder im Doppelpack auch gut und gerne hätte zu einem Song
    reduziert werden können. Er denkt, sie
    denkt
    – für mich eine weitere wunderbare Anekdote der Spezies Mensch, mit
    seinem simplen Text so erschreckend banal, das einem Angst und Bange bei dem
    Gedanken wird, wie viele Beziehungen so enden. Auf den Punkt. Musikalisch war
    ich für diese Art Töne schon immer empfänglich.


    Mit Seelentherapie
    verhält es sich dann sozusagen in Teil 2 des Albums ähnlich wie im ersten mit Nichts bleibt für die Ewigkeit – darauf
    hat man gewartet. Auch dieser Song darf sich in Ruhe ausbreiten, darf
    anschwillen und dich mitreißen. Campino darf schreien, Wölli darf wieder den
    Derwisch geben (was ein wunderbarer Mittelteil – für mich immer vor Augen, wie
    Campino wie von Sinnen live dazu auf die Percussions haut, war es das 1000.
    Konzert?) und doch kann ich in die Arme des melodischen Refrains fallen und
    mich quasi ganz in Therapie begeben. Die Textzeile „Möchtest du dir mit Seife
    den Mund ausspülen…“ finde ich noch heute saustark – ein wunderbarer Song, der
    es in den persönlichen Charts nie nach oben schaffen wird – nicht, weil man ihn
    nicht so oft hören möchte, sondern, weil man bereit sein muss für ihn. (Trifft
    so auch aufs Album im Gesamten zu.) Und wenn man das ist, ist er ein
    spektakulärer Seelentrip. Quasi für alle die, die ohne Drogen mal kurz das
    Bewusstsein erweitern wollen. Und dann kommt Viva la Revolution – der für mich eigentliche Abschluss des Albums.
    Damit rausgehen, das wäre perfekt gewesen. Ich mag die selbstironische und
    erwachsene Auseinandersetzung mit der Thematik und begreife das Lied bei jedem
    Hören immer wieder als nostalgische Hymne, die mich sofort hat. Hätte nicht
    unbedingt mit Venceremos aufgewärmt
    werden müssen, auch wenn ich das durchaus mag. Zu 10 kleine Jägermeister ist alles gesagt – leider wurde durch diese
    Single-Auskopplung das ganze Album in ein denkbar ungünstiges, weil auch
    falsches Licht gerückt – aber das musste dann wohl als Zugeständnis zu der
    sperrigen ersten Single sein.


    „Opium fürs Volk“ war, ist und bleibt für mich ein ewiges Top3-Album
    der Hosen. In sich schlüssig, man darf es halt nicht anhand der
    Single-Chronologie bewerten (finde ich), laut, ein bisschen böse, ungemütlich
    und im selben Augenblick wieder tief traurig, dass man es in den Arm nehmen
    möchte. Ein Trip durch unsere Abgründe – nicht immer die erste Wahl, da nicht „leicht“
    – aber immer dann, wenn es seine Zeit hat, ist es eine gute Zeit!


    (Übrigens ist unter den B-Seiten der Opium-Singles eine der
    für mich größten Perlen überhaupt: Die „7“
    ist alles
    …)

  • Naja,vielleicht nicht im sinne pink floyds oder green days.aber wenn albumtitel,intro,zwischenstücke , cover und große teile der songs sich mit konsum bzw religion/glauben beschäftigen,kann man das doch mal so stehen lassen.der rote faden ist so bei anderen hosenplatten nicht erkennbar.
    Edit:außer der horrorschau natürlich,aber die lehnt sich ja komplett an den roman an.

  • Ist mir neu, dass "Kauf mich!" oder "Opium fürs Volk" Konzeptalben sind;


    Wurde das nicht sogar von der Band selbst ein wenig so dargestellt? Von wegen "Kauf MICH!" als Konzeptalbum zum Konsum, wobei da ja eigentlich nur "Umtausch ausgeschlossen", "Kauf MICH!" und die beiden Werbespots in die Kerbe hauen und die Einstufung insofern in der Tat alles andere als passend ist.


    Wenn man bei der "Opium" das Konzept auf "Religion, Vergänglichkeit & Spiritualität" oder so ausdehnt, finden sich da schon ein paar Anhaltspunkte mehr, aber ein in sich geschlossenes Konzeptalbum wird es selbst dann glücklicherweise nicht. Ein gewisser thematischer Schwerpunkt ist aber schon da...


    Auf jeden Fall ist das hier nicht das erste Mal, dass ich über die "Konzeptalben-Einstufung" der beiden Alben stolpere... 100%ige Konzeptalben gab es aber eigentlich immer nur von den Roten Rosen und in Anbetracht von deren zweiten Versuch möchte ich gar kein echtes Konzeptalbum mehr haben ;)


    EDIT: Ewiggestriger - Auch die Horrorschau lehnt sich nicht komplett an den Film oder das Buch an, direkten Bezug hat, wenn ich mich nicht irre, das halbe Album, bei anderen Stücken ist ein Bezug mal mehr, mal weniger vage herstellbar. Hatten wir glaube ich auch im Horrorschau-Thread schonmal das Thema.

    Es hat sich vieles getan, auf Dosenbier gibt es jetzt Pfand,
    aber die meisten von uns leben noch, das war nicht immer so geplant.
    (Koyaanisqatsi)

    Einmal editiert, zuletzt von DTH_HB_86 ()

  • selbstredend, dass es keine ausgearbeiteten konzeptalben sind, doch ersichtlicherweise - besonders die opium - haben die einen konzeptcharakter. campino besuchte zum texten ein kloster etc, das passt schon alles zusammen.
    die hosen - besser gesagt campino - sind keine konzeptband. wie schon gesagt; selbst die horrorschau, die eigentlich ein konkretes konzept inne hat wird gestreckt und ergänzt durch songs, die mit der thematik von clockwork orange wenig zu tun haben.


    aber wenn man im hosenkosmos von konzeptalben spricht, sind es sicher diese 3.. oder die erste rosen-scheibe.. :D


  • Wurde das nicht sogar von der Band selbst ein wenig so dargestellt? Von wegen "Kauf MICH!" als Konzeptalbum zum Konsum, wobei da ja eigentlich nur "Umtausch ausgeschlossen", "Kauf MICH!" und die beiden Werbespots in die Kerbe hauen und die Einstufung insofern in der Tat alles andere als passend ist.


    Da fehlen aber noch Hot-Clip-Video-Club, Gute Reise und wenn man will kann man bei Drunter, drauf und drüber auch noch einen losen Zusammenhang herstellen. ;) Wünsch dir was kann auch als Verheißungsvolle Werbebotschaft betrachtet werden. Also da gibt es schon genügend Berührungspunkte, meiner bescheidenen Meinung nach.


    meijel:
    Du hast gar nichts über XTC geschrieben? Würde mich auch noch interessieren. Dein sehr schönes, ausführliches Statement hat mich jedenfalls dazu gebracht, mir das Album mal wieder anzuhören. :)

    Wir sind übrig.

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