Liedanalyse Willkommen in Deutschland
Das Lied entstand 1992 im Zeitraum der Ereignisse von Rostock- Lichtenha-gen, Mölln und Solingen. Der Liedtitel „Willkommen in Deutschland“ kann ironisch oder ernsthaft gemeint sein.
Inhaltlich geht es noch präziser um das Verhalten der Öffentlichkeit bei den Themen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus.
Inhalt des Liedes: In der ersten Strophe wird die Problematik offen angespro-chen und thematisiert. Die Strophe beginnt mit „Dies ist das Land“,(Z.1), in dem noch nicht verstanden wurde, dass Fremdsein nicht feindlich bedeutet,(Z.1-2). Dann wird der Text konkretisiert: Generell gibt es sehr ablehnende Auffassun-gen, was Asylrecht und langfristige Duldung von Ausländern betrifft. Besucher sind nur für zeitlich begrenzte Aufenthalte willkommen. So entsteht der Ein-druck, dass Ausländer immer noch als gefährlich eingestuft werden und nur erwünscht sind, wenn sie dem Land etwas einbringen.
Sein eigenes Zuhause kann sich keiner aussuchen, aber man muss dafür sor-gen, dass es für alle offen steht,(Z.5-7).
Die Gewalt gegen Ausländer und die daraus resultierenden Konsequenzen be-trifft nicht nur diejenigen, die sie ausüben, sondern auch die, welche sie nicht stoppen. Dramatisierend wird in den Refrain übergeleitet: „Weil täglich immer mehr passiert, weil der Hass auf Fremde eskaliert und keiner weiß, wie und wann man diesen Schwachsinn stoppen wird“,(Z.9-12). Das eigene Zuhause zerbricht an den Folgen dieser Taten, indirekt wird man mit in den Topf der Schuldigen geworfen.
Die Eskalation und der Hass auf Ausländer müssen gestoppt und beendet wer-den. Wie man dieses Problem in den Griff bekommt, darüber scheint sich aber keiner Gedanken zu machen bzw. machen zu wollen.
Der Refrain konkretisiert die Meinung des Sängers, die er betont darlegt:, „Mein Land“, ich lebe hier und muss etwas tun, ich darf es nicht weiter ignorieren, „dein Land“, auch du bist aufgefordert einzugreifen und nicht die Augen zu ver-schliessen,(Z.13-16).
Jeder muss sich der Herausforderung stellen.
Das Problem der „Untätigkeit“ steigert der Sänger in der zweiten Strophe. Die Strophe beginnt mit „Dies ist das Land“,(Z.17), wieder wird auf die besondere Situation hingewiesen. Obwohl gegen alles protestiert wird, gegen diese Art der Provokation geht keiner auf die Straße und schreitet dagegen ein.
Die „stolzen“ Deutschen , die wieder erstarken wollen, werden indirekt unter-stützt, aus der eigenen Bevölkerung, die lieber schweigend wegsehen, als ein-zugreifen.
Die Gesellschaft akzeptiert diesen Zustand und hält sich raus,(Z.21-23).
Die Gefahr von „Rechts“ wird verharmlost und anderen Problemen untergeord-net. Diese Provokation muss aus dem Inneren heraus wirksam bekämpft werden, die gesamte Gesellschaft wird aufgerufen, ihren Beitrag zur Lösung der Probleme zu leisten. Es ist ein internes Problem, welches nicht von außen ge-löst werden kann, (Z.24/25).
Die Herausforderung etwas zu unternehmen, soll nicht nur vom Sänger, son-dern von der gesamten Gesellschaft aufgenommen werden. Ein Klimax in den letzten Zeilen der zweiten Strophe:
„Ich hab keine Lust, noch länger zuzusehn,
ich hab's satt, nur zu reden und rumzustehn,
vor diesem Feind werde ich mich nicht umdrehn.“(Z.25-27),
zeigt eine Alternative, die der Sänger aufnimmt und an die Allgemeinheit wei-terleitet.
Die Gefahr von „Rechts“ ist nicht zu unterschätzen, weshalb der Begriff „Feind“, das Gefahrenpotential, welches von „Rechts“ kommt, entsprechend einstuft.
Der Verweis im zweiten Refrain, dass es kein „Viertes Reich“ geben darf, ist die richtungsweisende Aussage. Der Sänger ist sich der Bedrohung und Ge-fahr, die von den „Verrückten“ ausgeht, bewusst. Deshalb stellt er diese auch entsprechend dar. Der Appell „aufzustehen und mitzumachen“, damit Hass das Land nicht zerstört, ist eine beabsichtigte Verdeutlichung, gegen die Verharmlo-sung der Aktivitäten. Der Ruf des Landes ist durch die Geschichte extrem ge-schädigt, so dass es zu keiner erneuter Festigung dieser Ideologie, dieser Weltanschauung mehr kommen darf. Um den ruinierten Ruf wiederherzustellen, kann man nur versuchen zu zeigen, dass es auch anders denkende und han-delnde Menschen gibt. Sich so zu verhalten, sollte erste Bürgerpflicht sein, so dass die Aussage: ,,Es leben auch andere Menschen hier“ (Z.40) beweisen soll, dass die Rechten eine Minderheit darstellen und die politisch denkenden Bürger in der Überzahl etwas gegen sie unternehmen können. Die Zeiten haben sich definitiv geändert.
In dem Stück spielen 4 Instrumente: Elektrogitarre, Schlagzeug, akustische Gi-tarre und Elektrobass. Musikalisch ist das Wort- Ton Verhältnis auf Provokation ausgerichtet. Ein langes Intro eröffnet das Stück, ca. 15 Sekunden von Bass, akustischer Gitarre und Schlagzeug, dann setzt die Leadgitarre ein. Die Gitar-ren spielen eine sehr nachdenklich stimmende Melodie.
Das Schlagzeug ist im Intro betont „piano“ und steigert sich mit den Zeilen in der ersten Strophe in ein sehr lebhaftes Spiel. Die Gitarren und der Bass wer-den am Ende der ersten Strophe lauter. Bei den Zeilen „Weil täglich immer mehr passiert, weil der Hass auf Fremde eskaliert“, (Z.9/10) wirkt die Musik schnell und dynamisch. Hier folgt ein dramatischer Tempowechsel. Im Refrain steigen die Gitarren sehr laut ein und werden vor allem bei „mein Land“ und „dein Land“ sehr schnell. Nach den beiden Zeilen steht der Gesang im Vorder-grund und die Gitarren passen sich dem Schlagzeug an. Kurz vor „Dein Land“ wird die Musik schneller und leitet so die nächste Zeile ein.
Das Hauptaugenmerk liegt eindeutig im Refrain auf der Wortgruppe „mein Land, dein Land.“ Campino schreit diese beiden Zeilen besonders laut heraus und die Hintergrundstimmen wiederholen dies in einer sehr tiefen Tonlage. Das Zwischenspiel zwischen Refrain und zweiter Strophe wird geprägt von den bei-den Gitarren und dem Bass. Die einzelnen Soloabschnitte treten so deutlich hervor, da die Instrumente sich gegenseitig ergänzen.
So werden Sequenzen aus dem Intro wiederholt. Die zweite Strophe verläuft wie die erste Strophe, jedoch wird der Refrain durch ein noch härter klingendes Gitarrenspiel eingeleitet, dem sich das Schlagzeug entsprechend anpasst. Im Refrain steht deutlich die Kombination Sologitarre und Schlagzeug im Vorder-grund. Der dritte Refrain wird direkt im Anschluss angeführt. Dabei wird das Zusammenspiel zwischen Gitarren und Bass dramatisiert. In der Coda wird das Intro wiederholt und zum Ende gesteigert.
Allein den Text betrachtend, handelt es sich um einen der besten, den es zu der Thematik bis zum jetzigen Zeitpunkt gibt. Provokation pur und doch so viele Tatsachen, die zum Nachdenken und Grübeln verleiten.
Insbesondere mit der Zeile „dass Fremd kein Wort für Feindlich ist“(Z.2), nimmt die Band eindeutig Bezug zu einem immer größer werdenden gesellschaftlichen Missstand.
Die Hervorhebung im Text ist im Albumbooklet ebenfalls vorhanden und soll die beiden prägenden Begriffe zusätzlich hervorheben. Im Jahre 1993 und auch heute noch sind zu viele Vorurteile gegen Ausländer aktuell, was Arbeitsplätze und Sozialstatus betrifft und so werden Ausländer zu Sündenböcken gemacht.
Über Konsequenzen wird nicht nachgedacht vor allem, welche Folgen das für Generationen danach hat. Das gesamte Lied ist ein Appell an die Vernunft. Dieses Lied ist an diejenigen gerichtet, die sich ihrer Herkunft bewusst sind, aber beweisen wollen, dass die Epoche des Nationalsozialismus nicht für das Gesamtbild der Deutschen stehen darf. Das Vertrauen in Deutschland kann sich nicht verfestigen, solange es Aktionen und Hass gegen Fremde gibt und diese nicht auf einen inneren Widerstand treffen.
Für den Einsatz im Geschichtsunterricht empfiehlt sich dieser Song, da er aktu-elle gesellschaftliche Missstände mit der Vergangenheit belegt und nacheinan-der aufzählt.
Die Schüler können mit ihrem Hintergrundwissen zum Nationalsozialismus die im Lied gebrachten Argumente analysieren.