So. Ich kam jetzt endlich dazu, über Unsterblich zu schreiben. Gehört hab ich sie eh, mehrmals sogar! Aber ich kam nicht dazu, es in Worten zu fassen, was ich über das Album denke. Es hat vor allem eins: einen Beigeschmack, der so fahl ist und dabei die Sprache verschlägt. Zumindest bei mir. Ich grübelte ein paar Tage über das Album. Warum eigentlich, was passt mir da nicht?
Ich finde, das Album kann man am Besten mit einer Laberl-Semmel vergleichen. Ich denk mir am Anfang: Hm, guat. Aber als ich aufgessen hab, fühl ich mich so aufgebläht und denk mir: Nie wieder (zumindest für ein paar Wochen oder Monate). Und falls wer fragt: A Laberl-Semmel ist in Österreich ein Brötchen mit Frikadellen oder Buletten (je nachdem von wo ihr kommt).
Wenn ich mir die Lieder einzel höre, dann denk ich mir: Das ist eh doch nicht so schlecht. Da ist richtig gutes Material dabei. Und trotzdem: Ich bin jemand, der Alben gerne als Gesamtkunstwerke sieht. Ich sehe Alben nicht als ein Bündel Songs, die eine Band gerade frisch zur Verfügung hat, nein ein Album ist wie ein Buch für mich (ja, ich wundere mich selber über diesen Vergleich, der Mond und der Kühlschrank ebenso). Eine Kurzgeschichtensammlung mit Atmosphäre untermalt. Und da habe ich eben meine Probleme mit Unsterblich. Es ist ganz hinten auf der Alben-Bestenliste und so sehr ich es auch versuche, ich schaffe es nicht über jeden einzelnen Song zu schreiben.
Bis ich mir die Freiheit gab, das Album selbst ein wenig umzugestalten. Ich habe mir für die neue Ordnung der Tracklist ein paar Regeln aufstellen lassen:
- In Aller Stille ist auch insofern mein Lieblingsalbum, weil es ein Album mit weniger Tracks (13) ist. Weniger ist klarerweise mehr! Am wenigsten hat meines Wissens nach die Horrschau-Platte mit 12 Liedern und ratet mal, welches Album auf Platz zwei bei mir ist. Und in meinen Augen hat Unsterblich mit 18 Tracks ziemlich, no na, viele Tracks, zuviele für meinen Geschmack. Es müssen also einige Lieder raus und orientierte mich daher wie bei In Aller Stille zwischen 12 und 14 Tracks. Aus diesem Grund sind Sonntag im Zoo (weil es ein Cover ist) und Inter-Sex (nur ein Intermezzo) schon mal raus.
- "Unsterblich" ist an sich ein gutes Thema, das kann man positiv oder negativ verarbeiten und sogar einen roten Faden entwickeln. Was assoziieren wir mit Unsterblichkeit? Ich für meinen Teil sehe z.B. auch Melancholie darin, wenn alles vergänglich ist außer ich. Da will ich nicht unsterblich sein und jedes Mal auf neue den Tod nahe Stehender zu erleben. Oder der erst rechte Bewusstsein, dass alles vergänglich ist und nichts unsterblich ist. Außer die eine Qualle, aber das ist ein anderes Thema. Und deswegen fallen Lesbische, schwarze Behinderte und Bayern aus dem Rahmen und wurden von meiner Tracklist entfernt.
Und mit den übrig gebliebenen Liedern habe ich versucht die Tracklist neu zu arrangieren, sodass (zumindest) für mich ein roter Faden besteht. Und das Endergebnis? Es wurde in meinen Augen ein Wahnsinnsalbum mit Konzept, mit Hand und Fuß. Ganz sicher wird es für einige von euch nicht passen, aber ich möchte euch nicht vorenthalten. Hier ist Unsterblich – Micka Mix:
- Die Unendlichkeit – Wir starten das Album Unsterblich mit einen kurzen Song über Unendlichkeit. Ich fand es einfach passend und hat mich auf das Thema des Albums eingestimmt. Der eigentliche Schlusstrack als Opening Track entfaltet auf mich eine neue Wirkung, im positiven Sinne.
- König der Blinden – Ich darf natürlich nicht vergessen, dass es natürlich die Toten Hosen sind. Nach dem ruhigen Einstieg geht dann mit voller Härte ins Gesicht. Ja, das sind die Hosen! König der Blinden ist so unglaublich aggressiv und lässt meine Fäuste ballen und möchte ein Loch in eine Wand zu schlagen (oder einfach eine Dose zerdrücken, das ist sicher schonender für die Gesundheit) bzw. den Wunsch aufkommen, einen Mosh-Pit mitzumachen. Volle Kanne!
- Nach dem aggressiven Track geht es dann weiter mit Entschuldigung, es tut uns leid, aber ohne die Ansagen. Die stören mich einfach. Die sind für mich der Grund, warum ich mir immer wieder schwer tue, das Album aufzulegen. Und ohne die Ansagen ist es ein cooles Lied, so herrlich selbstironisch. Und ich liebe, liebe die Ohne Strom A(lmost) capella-Version.
- Schön sein – sicher wird der eine oder die andere LeserIn dann sich wundern: Das ist bei dir dabei? Ja, weil es kam eine Zusatzregel bei mir dazu: Wenn ich schon mit Bayern eine Single rausgeschmissen hab, dann sollte zumindest die erste Single dabei sein und das war halt Schön sein. Und in dieser neuen Ordnung von mir ist es ok, es gibt dem Album eine kleine leichte Lockerheit dazu. Ein sinnentleerter Ausreißer, ein Gedankencleaner, bevor es weitergeht. Und so hat es für mich das Lied seine Berechtigung.
- Wie gesagt, aus luftig leicht wird es dann schwermütig mit Unser Haus. Das Albumthema wird wieder angeknüpft, diesmal über Erinnerungen, Familie, Tod. Und wirklich wahr, die Melancholie trifft mich hier härter als sonst...
- Alles wie immer – Als Lied allein ok, im Gesamtkonzept die Watschn, die Ohrfeige, die man benötigt zum Weiterhören nach dem vorigen Lied.
- Warum werde ich nicht satt? Ernsthaft, warum werde ich nicht satt von diesen (alten, neuen) Album? Die Hosen sollten auch mehr mit Big Band machen. Ich habe Bläserarrangements durch eine andere Band zu lieben gelernt und es steht den Hosen überhaupt nicht schlecht! Der andere Big Band-Song, Hölle der Löwin, ist sowieso auch ein Top 10-Song für mich. Bitte mehr davon!
- Unsterblich ist eine echt schöne Ballade und ich sing da immer wieder gern mit.
- Eine weitere Assoziation zur Unsterblichkeit ist die Frage nach dem Sinn. Der Mond, der Kühlschrank und ich greift das Thema auf und zieht den roten Faden des Albums weiter. Netter Song, der in meinen Augen ebenfalls ein toller Kandidat für ein Ohne Strom Big Band-Arrangement wäre.
- Regen ist der Geheimtipp des Albums. Kurz und bündig grandios! Und der ideale Aperitif für
- Call Of The Wild – Ich glaube, wenn Pushed Again nicht wäre, wäre dieser dann der Standard-Englisch-Song auf jeden Konzert. Allein die Unplugged-Version hat mich gefesselt. Und zwar so sehr, dass Call Of The Wild für mich damals der eigentliche Kaufgrund für das Album war. Ich mag ihn heut noch immer sehr!
- Und wer meine anderen Rezensionen kennt, hab ich immer wieder von einen Übersong des Albums erwähnt. Hier bei Unsterblich tue ich mir ein bisschen schwerer, einen solchen zu bestimmen. Zwei kommen hier für mich in Frage: Auf der einen Seite Wofür man lebt, das hier in meiner neuen Ordnung noch mehr Gewicht bekommt als es sonst hat. Wir haben all die Lieder soweit gehört und nun das. Diese melancholische Atmosphäre ist so samtweich, da will ich nicht mehr wegkommen. Das können die Hosen nicht mehr toppen. Oder etwa doch?
- Das Intro allein, woah. Wie die Spannung sich immer höher und höher steigt. Ja, auf der anderen Seite für einen Übersong-Kandidaten haben wir Helden und Diebe. Wir sind jetzt am Schluss des (Micka Mix-)Albums und was wäre ein perfekterer Abschluss als ein Statement über sich selbst? Es ist ja völlig egal, was die Medien über einen sagen, die Hosen haben sich ja mittlerweile mehr oder weniger, nun ja, unsterblich gemacht.
- Warte, es kommt noch ein Lied? Ein Epilog? Ja und nichts anderes als das Container-Lied. Ich persönlich finde es als idealen Abschluss, weil es kommt nichts weiteres mehr und hab dadurch jetzt einen Moment über das Container-Lied nachzudenken. Wow, es hat eigentlich alles vom Album und ist genau wie Die Unendlichkeit eine Zusammenfassung des Albums: nichts ist Unsterblich. Oder doch?
Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, die Unsterblich neu zu erfinden, neu zu erleben und ich bin von dieser neuen Tracklist sehr angetan. Das Unsterblich-Album bekam dadurch eine Aufwertung und wie es für mich aufgewertet worden ist!
Auch wenn es die einen oder anderen unter euch schon längst tun, ich möchte euch nichtdestotrotz einladen, die Alben mit eigenen Tracktlists im neuen Licht erscheinen zu lassen. Vielleicht ist da was dabei, wo man nur noch Wow! sagen kann. Oder vielleicht sind es am Ende auch nur 60 Watt.