Beiträge von meijel

    Weiß gar nicht was ihr habt mit der Setlist. Der Rausschmeisser war doch Megastark:love:. Derjenige, der den zu verantworten hat, kriegt von mir nen Bussi, ob er will oder nicht:). Hab mich weggelacht, hat richtig gut getan.


    Sorry, Donots, Thees und Samy, die Hosen sind live zu Hause immer noch die Besten, auch wenn eine gewisse Nervosität da war. Auch die Stimmung zwischendrin bei mir selbst drohte zu kippen, da für mich „Nichts bleibt für die Ewigkeit“ und „Weil du nur einmal lebst“ nur schwer in diesem Kontext und nach der Schweigeminute zu ertragen war. Wollte schon gehen, habe es dann aber nicht gemacht.


    Lieben Dank an alle und besonders an Vom für dieses besondere Konzert und euren Einsatz:daumen:

    "Nichts bleibt für die Ewigkeit" fand ich auch in dem Moment extrem... weiß gar nicht, was ich schreiben soll - ungewöhnlich? Hätte eher mit "Steh auf" oder "Alles wird vorüber gehen" gerechnet. Aber in seiner Heftigkeit fand ich es dann sehr beeindruckend, zumal Campino gut mit seiner Ansage den Bogen gut gespannt hatte.

    Wow, der Twist mit Voms Vater hat mich am Ende noch mal richtig fertig gemacht - Campino offensichtlich auch.


    Rein von der Setlist betrachtet war das ein unspektakuläres Konzert. Aber darum ging es heute nicht. Ich finde, die Hosen haben es meisterlich geschafft, in diesem Rahmen eine leidenschaftliche Rock-Show hinzulegen, die weder zu schwer, noch zu leicht, noch moralinsauer daherkommt. Ein extrem gut gelungener Spagat für einen guten Zweck, an dem sich viele andere Personen der Öffentlichkeit ein Beispiel nehmen können. Da ist nichts aufgesetzt, nichts dient dem reinen Selbstzweck und ist in der Größe doch klein und privat - ich bin einmal mehr stolz auf "meine" Hosen.

    Stimme dir zu.

    Und ohne Telepromter scheint es nicht mehr zu gehen. 😁


    Magenta Stream ist qualitativ echt gut..

    Ich glaube, das verrät dann doch viel darüber, wie wichtig Proben sind. Er sagte es ja im Laufe des Konzerts, dass sie quasi aus der kalten Hose heraus in die Show gesprungen sind. Finde ich aber auch sehr spannend, weil mir auch auffällt, wie oft er auf den Prompter schaut. Aber auch bei den Ansagen, das sind vorgefertigte Texte, da will er sich kein Ei legen und das finde ich bei dem Rahmen auch fair enough.

    Ich fand Kamikaze hat gut funktioniert. Hatte auch das Gefühl das die Mischung zwischen schnell und langsam für einige genau richtig war. Da konnte sich dann kurz vorne gesammelt werden und etwas getrunken werden. War stellenweise doch schon ganz schön Arbeit was da so Menschen durch gereicht wurde.

    Ich habe ja schon geschrieben, dass ich "Kamikaze" auch sehr mag - aber gerade im Vergleich mit den anderen langsamen/ruhigen Songs "Alles passiert", vor allem aber eben "Nur zu Besuch" nicht wirklich im Stadion funktioniert.

    Aber du hast natürlich Recht - um da vorne im Getümmel den Druck rauszunehmen, ist es natürlich perfekt.

    Ich bin immer noch ganz beseelt von diesem Konzert.

    Ich hab mir bewusst nichts vorher durchgelesen, um mich von der Setlist überraschen zu lassen und ohne das ganze Gemeckere vorab mit in das Konzert zu nehmen. Umso schöner finde ich, wie das Konzert hier abgefeiert wird - denn das war wirklich ein saustarker Abend. Es war so ein Genuss, die Spielfreude in den Gesichtern der Band mitzubekommen, auch die Ärzte haben die ganze Zeit gegrinst und die Stimmung um uns herum war wunderbar friedlich bierseelig. Auch dass die Hosen fast nicht gecovert haben, steht der Setlist extrem gut zu Gesicht - und es ist schon stark, wenn die Ärzte mit "Armee der Verlierer" einen Zugabenblock eröffnen - hat nicht jeden mitgerissen und genau deshalb finde ich das einen starken Move von beiden Bands. Zu meinem ganzen Glück hätte gestern nur noch "Wort zum Sonntag" gefehlt, aber nach diesem rauschenden Fest will ich wirklich nicht meckern. Mein persönliches Highlight war "Nur zu Besuch". Wenn man vergleicht, wie bei "Kamikaze" (ein zauberhaftes Lied, aber nicht für die große Bühne gemacht aus meiner Sicht) die Luft erstmal rausgeht - und dann bei "Nur zu Besuch" eine solch emotionale Wucht mit einem so leisen Song entsteht, ich musste echt heulen. Sehr, sehr stark, liebe Hosen!

    Find ich sehr subjektiv aber das ist auch ok.


    Der Text ist brillant


    Auch musikalisch finde ich die präsentierte Bandbreite der Nummern imposant.

    Habe ein bisschen überlegt, ob ich darauf antworten soll, denn du fängst mit "sehr subjektiv" an, um dann höchst subjektiv deine Meinung aufzudrücken, verbunden mit einer Lehrerhaften Einweisung ins Thema "Fake News". Aber ich habe Bock auf die Diskussion, da ich deshalb hier ehedem ins Forum eingetreten bin.


    Und jetzt stell dir mal was vor: Ich habe sogar kapiert, worum es in dem Text "Alle sagen das" geht!

    Das hast du missinterpretiert, weswegen der Song bei dir textlich nicht klickt.

    Ziemlich frech, aber okay. Es gibt Menschen, diie brauchen eine eigene Erhöhung, es sei dir gegönnt. Ich habe den Text nicht missinterpretiert, ich finde ihn einfach nicht stark, WEIL das Thema aus MEINER SICHT (das ist subjektiv) nicht gut getroffen ist. Das Thema "Fake News" ist wahnsinnig spannend, ergänzt auch durch die Problematik, dass (gerade bei Twitter) Nachrichten gerne in die eigene Wahrnehmungsblase verzerrt, verkürzt und verdreht werden. Daraus kann man einiges machen. Der Text von "Alle sagen das" aber reiht einfach nur wahllose Behauptungen aneinander - darunter viele alte Plattitüden, die man nicht im Jahr 2022 wiederkauen muss (Schäferhund beißt Kind, Arbeitslose im Pott, Ärzte Feinde der Hosen, Hosen kein Punkrock mehr). Ähnlich wie in "Ertrinken", wo auch Frage an Frage gereiht wird - dort aber mit philospophischem Tiefgang, das regt mich zum Nachdenken an. Dieser Text hat überhaupt keine zweite Ebende. Es bedient linke wie rechte Klischees, streift alle möglichen Themen - es ist keine klare Haltung erkennbar, außer, dass es scheißegal ist, was alle denken. Das kann man machen und funktioniert für dich ja auch wunderbar, aber ich finde es platt und simpel.

    Die genannten "Beispiele" sind ein Sammelsurium dessen was man allgemein so über Dinge hört. Nicht das, was Campino als Texter selber anbringen würde.

    Dann darf der Text aber nicht am Anfang ("Die Hosen sind kein Punkrock mehr"), im Refrain ("...ist UNS scheißegal) und am Ende ("Und dass die Ärzte unsere Feinde sind") selbstreferenziell werden. Da werden alle mit uns vermischt und das hinkt für mich in diesem Lied gewaltig. Diese Komponente klammerst du in deiner Ausführung aus.


    Hinzu kommen dann Sachen wie "Ich bin zu gut für meinen Job" (Hä?!), oder "Das halbe Land ist ungeimpft" (passt nicht in die im Refrain verwendete "Gerüchteküche", darüber gibt es ja statistische Erhebungen, auch wenn diese nicht gänzlich akkurat zu seinen scheinen).

    Kurzum: Ich finde das Lied mega und kriege es gerade in der Kmobi mit dem Opener der Wekschau nicht mehr aus dem Kopf. Und ich liebe auch, wie Campino mit den wiederkehrenden "Alle sagen das"s spielt und changiert. Aber wenn ich nur den Text betrachte, dann ist mir persönlich das einfach viel zu platt und genauso wahllos schwarz/weiß, wie das, was kritisiert wird.

    Ähnlich bei Chaot. Ich kenne dein Alter nicht. 35? 40? Campino ist 60 und guckt auf ein Leben zurück, das nicht im Ansatz mit unseren zu vergleichen ist.

    Nee, es ist eher andersherum - Cmapino hat als Rockstar die gleichen/identischen/ähnlichen Probleme wie "Otto Normal". Auch ich kann mich auf einer Weihnachtsfeier, auf einem anderen Firmenevent oder im Freundeskreis fürchterlich danebenbenehmen - auch wenn ich es vorher besser wusste. Wenn du nichts über mich weißt, solltest du dir auch nicht anmaßen dürüber zu spekulieren.


    Darüber hinaus: Ich bin nicht derjenige, gegenüber dem du die Hosen so vehement verteidigen musst. Ich liebe diese Band sehr und gerade deshalb bin ich auch ein Stück weit enttäuscht von dem neuen Material. Weil ich alles schon (besser) von dieser Band gehört habe. Vielleicht geht es anderen Fans, die erst später ins Werk der Hosen eingestiegen sind, anders. Aber für meinen Geschmack, aber da wiederhole ich mich, bietet das neue Material keine neue Facette. Das ist aber auch nicht schlimm, wie ich ebenfalls geschrieben habe - die Hosen haben so viele wunderbare, schlaue und inspirierende Texte, dass es nicht zwingend für meine Wertschätzung neue braucht.

    Ich habe es tatsächlich geschafft, mich vorher nicht zu spoilern und auch hier nichts über die VÖ zu lesen - um dann gestern die vier Platten bei einem Fläschen (oder waren es zwei?) Wein mehr oder weniger am Stück zu hören. Bevor ich detaillierter auf die neuen Tracks eingehe, zwei generelle Gedanken, die ich beim Hören als ersten Impuls hatte:


    - Die neuen Tracks haben es verdammt schwer. Zunächst dachte ich, dass es vor allem am Handwerk liegt - keines der neuen Lieder hatte mich wirklich gepackt, ich fand sie wenig originell, nicht raffiniert komponiert und textlich auch echt überschaubar. Das hat sich mittlerweile ein Stück weit verändert und einige Songs wachsen schon gewaltig. Es liegt eben auch daran, dass die neuen Lieder in das bekannte Material eingebettet werden. Natürlich mag nicht jeder alle Lieder dieser Werkschau, aber es ist ja nun mal am Ende eine sehr große Schnittmenge dessen, warum man mal Fan dieser Band geworden ist. Und die in einem Topf mit neuen Liedern, macht es denen einfach schwer.


    - Für einige von euch ist das vielleicht schon länger klar, für mich hat es sich jetzt das erste mal so richtig erschlossen: Die Toten Hosen sind auserzählt. Die Wucht dieser Erkenntnis hat mich auf der einen Seite sehr traurig gemacht, auf der anderen aber ist es okay. Eigentlich bräuchte es die neue Version vom "Wort zum Sonntag" nicht, denn so kurz vor Campinos 60. Geburtstag schließt sich eigentlich ein extrem stimminger Kreis. Denn alles ist gesagt: Die dramatischen Liebeslieder, die schönen Liebeslieder, politische Statements, Sauflieder, Lieder über den Tod und unsere Vergänglichkeit, Selbstzweifel, Depressionen, Freundschaft, über das Älterwerden, altersmilde Flashbacks - kurzum, wir haben einer Band dabei zuhören können, wie sie immer älter geworden ist und für mich haben die Hosen das sehr gut dokumentiert in ihren Songs. Da biedert sich nichts der eigenen Vergangenheit an, sondern entwickelt sich weiter und lässt auch zu, dass es sich weiterentwickelt. Aber hier und heute? Erzählt mir keines der neuen Lieder irgendeinen neuen Aspekt, irgendeine neue Seite. More of the same. Das heißt nicht, dass die Hosen auf ihrem vermeintlich letzten Album, das irgendwann kommen mag, nicht doch noch mal ein paar Kracher schreiben, die bleiben werden. Aber viel mehr als das kann ich von der Band nicht mehr erwarten. Was, wie gesagt, okay ist. Es ist alles da, es ist alles erzählt - und ich selbst bin noch lange keine 60, werde mich aber auch dann noch extrem gerne mit dem Material aus 40 Jahren Die Toten Hosen beschäftigen.


    Zu den einzelnen Liedern:

    1. 3 Akkorde für ein Halleluja: Mochte ich sofort. Ich liebe diesen Pathos, schon seit der "Kreuzzug". Vor allem der Übergang zu "Alle sagen das" gefällt mir extrem gut.
    2. Alle sagen das: War mir beim ersten Hören ein zu deutlicher Abklatsch von "Urknall", mittlerweile wächst und wächst es bei mir in der Gunst. Auch wenn die Strophe ziemlich unverhohlen Deichkind zitiert. Leider aber finde ich den Text nicht wirklich überzeugend. Da wäre mehr drin gewesen, dazu ein paar Beispiele: "Die Hosen sind kein Punkrock mehr" - come on, das wurde schon in "Helden und Diebe" geklärt. "Jeder Arsch wird heute Milionär" - wo ist hier das Gerücht, die Gesellschaftskritik? "Chinesen sind schon auf dem Mars" - zu China sollten einem eigentlich ganz andere Dinge einfallen. "Nur noch Scheiße in den Charts" - auch das passt nicht zu "Gerüchteküche" in der Bridge. Das ist eine Meinung. Zumal eine, die angesichts der schwindenden Relevanz von Charts nicht zeitgemäß ist. "Keiner glaubt hier mehr an Gott" - so what? Da wäre spannender gewesen, auf die Missbrauchsskandale einzugehen. (Jeder Priester ist bigott...) "Nur Arbeitslose da im Pott" - auch so ein alter Hut. Kurzum: Ich finde fast alle "Gerüchte" lahm, altbacken oder einfach nicht passend. Da wär viel, viel mehr Biss drin gewesen. Ziemlich harmlos.
    3. Amore Felice: Auch hierkann ich mit dem Text leider nicht soo viel anfangen - ich bin kein Feminist und ich würde auch meine Freundin gegen alles und jeden verteidigen, aber diese Bodyguard-Metapher, das ist nichts für mich. Die Liner Notes dazu bestätigen mich, denn das ist einfach eine Gockelei, die offensichtlich auch keinen ironischen Unterton haben will, um übersteigerten männlichen Beschützerinstinkt auf die Schippe zu nehmen. Vielleicht liege ich damit aber auch falsch. Musikalisch, vor allem im Refrain, aber ganz klar mein Favorit unter den neuen Songs.
    4. Teufel: Die Nummer habe ich geskippt, auch weil mich dieses Motiv "Toxische Liebe" wirklich nicht mehr catcht (s.o. - alles schon erzählt).
    5. 112: Als Nabelschau zum 40. legitim - "Wie viel Jahre" hat das aber eigentlich auch schon (deutlich besser) abgehandelt. Ich find's ganz schön, aber glaube nicht, dass es groß bleiben wird.
    6. Chaot (in mir): Mag ich sehr, weil ich mich in dem Text auch gut wiederfinden kann. Insgesamt eine sehr runde Nummer.

    Zu den Remixen und Neuauflagen habe ich nicht so eine große Meinung. Vielleicht nur die, dass ich mir von einer Neuinterpretation auch eine neue Interpretation gewünscht hätte.


    Alles in alllem bleibt eine spannende Werkschau mit Alt und Neu - jede Seite hat dabei Höhen und Tiefen. Für mich bleibt unterm Strich, dass viele der "Klassiker" wirklich extrem gut gealtert sind; dafür, dass sie vielleicht zu oft gespielt worden sind (ob nun von den Hosen bei Konzerten oder uns in unseren Playlists), dafür können sie ja nichts. Und die Hosen bleiben trotz des Fazits oben noch immer eine innige Herzensangelegenheit. Diese 40 Jahre Bandgeschichte sind in weiten Teilen auch meine. Und ich bin dankbar für jede einzelne Erinnerung. Habe die Ehre!

    Zum Thema "Produzent als Teil des Songwriting-Prozesses" empfehle ich die Bio der Donots. Da wird noch mal deutlich, welch starken Einfluss Kurt Ebelhäuser auf die Songs auf dem Alles-oder-Nichts-Album "Choma Chameleon" hatte. Ein guter Producer/Produzent kann und sollte sicher den Songs noch mal auf den Zahn fühlen, ob sie auf den Punkt sind oder anders arrangiert deutlich mehr Sinn ergeben. Das ist ja nichts, was Vince Sorg exklusiv bei den Hosen hätte. Gerade die Donots waren extrem nah bei sich und es tut immer gut, wenn jemand von Außen leidenschaftslos auf die kreative Arbeit blickt.

    Das Lied (also das der Hosen) hat mich zunächst ratlos zurückgelassen. Ähnlich, wie es mir mit "Unter den Wolken" und "Feiern im Regen" ergangen ist - die Parallele wurde hier ja auch schon häufig gezogen. Wenn man so lange nichts von einer Band hört, die einem einfach viel bedeutet, dann stecken einfach wahnsinnig viele Erwartungen dahinter, die sicherlich seitens der Band schwer zu erfüllen sind - zumal sie mittlerweile so viele unterschiedliche Fan-"Sorten" erarbeitet hat. Die wichtigste Erkenntnis solcher Songs ist sicherlich: Die Hosen machen nicht mehr in erster Linie Musik für die Die-Hard-Fans - sondern um Spaß zu haben. Ein Stück weit haben sich die Hosen von ihren Fans emanzipiert, um zu machen, worauf sie Lust haben. Da kann man hier noch so sehr über "Das ist der Moment" quengeln - die Band mag den Song, also ist er fest in der Setlist der Hosen verankert.


    Ich finde immer, man muss das mit einpreisen, wenn man Musik der Hosen im Jahr 2022 für sich bewertet. (Unabhängig davon, ob man das gut oder schlimm findet.) Es bleiben immer noch Nischen für die "alten" Fans ("Urknall", "Alles mit nach Hause"), aber längst ist die Schnittmenge mit den "Event-Fans" deutlich größer, als die der "Wort zum Sonntag" - Jünger. Mir ist bewusst, dass das jetzt keine ureigene, neue Interpretation des Status Quo der Hosen ist, aber mir ist diese Betrachtung doch ziemlich wichtig, denn fast alle Kommentare hier stellen den eigenen Maßstab in den Fokus, was auch seine Berechtigung hat, denn Musik in Kombination mit Fantum ist immer maximal parteiisch. Ich versuche trotzdem immer, auch ein Stück weit die Intention der Band mit in die Gleichung mit einzubeziehen. Campino also steht auf Marteria, Marteria auf die Hosen, sie erleben diese Anekdote ("Scheiß Wessi!") und es entsteht diese Idee. Ich finde das Thema Ossis/Wessis maximal öde, da deutsche Erzählungen eigentlich immer entweder im Nazi-Kosmos spielen oder eben entlang der einstigen Mauer. Aber, wie oben geschrieben, die Intention kann ich nachvollziehen. Das Timing ist sicher maximal unglücklich, wie die Hosen selbst im Newsletter zugegeben haben, denn gerade jetzt erscheint nichts banaler als die Befindlichkeiten eines vor über 30 Jahren vereinten Landes, das in maximalem Frieden und Wohlstand (im Vergleich zum Rest der Welt) lebt. Musik ist halt nur bedingt ein aktuelles Medium und hinkt immer ein wenig der Realität hinterher, gerade, wenn wie bei den Hosen, ein ganzer Tanker bewegt wird, ehe ein fertiges Album oder ein fertiger Song im Hafen ankommt. Und ich muss an dieser Stelle auch sagen, dass ich die Hosen durchaus dafür mag, dass sie nicht alle 12 Monate das Gefühl haben, sie müssten sich jetzt zu diesem oder jenem musikalisch verhalten.


    Das Riff, das sich in den Teasern andeutete, fand ich durchaus spannend. Umso überraschter war ich dann, wie schnell es im eigentlichen Song ins Marginale vertrieben wird, sobald der Konserven-Sound und Campinos Sprechgesang übernimmt. Der erste Hördurchlauf war dann, diplomatisch formuliert, sehr zwiespältig. Ich mochte den Gesang sogar, mochte auch den Witz an der einen ("Lesen die Bild / aber nur das Feuilleton") oder anderen ("Den Krebs könnt ihr behalten / in eurer Charité") - nur werden Gags in einem Song nicht besser, je öfter man sie hört. (Ein ähnliches Schicksal erleidet in meiner Playlist denn auch "Wie viel Jahre", auch wenn ich den Song sehr mag.) Und vieles im Text ist auch handwerklich eher dünn ("Pillenstadt" als Reim auf "Autostadt", "Mit Leipzig und Seele"), da hat Marteria mit "Asbest as you can" und der Tesla-Pointe ein bisschen besser abgeliefert. Auch erging es mir so, dass ich mich nach fünf, sechs Durchläufen ein paar Stunden später überhaupt nicht mehr an den Refrain erinnern konnte; der wirkt auf mich auch nach wie vor wie eine gute Skizze, aber nicht zu Ende gedacht, eine ordentliche B-Seite.


    Mittlerweile habe ich mich mit dem Song angefreundet, kann mir aber nicht vorstellen, dass er bei mir ähnlich wächst wie "Wannsee" oder "Unter den Wolken", die ich bis heute immer gerne auspacke, sobald die Sonne rauskommt. Was bleibt unterm Strich? Die Hoffnung, dass unter den wenigen weiteren neuen Songs auf dem Jubiläums-"Album" noch zwei, drei Perlen sind, die mich komplett abholen. Mehr will ich nicht. Denn ich will nicht, dass mir Veröffentlichungen der Band irgendwann egal werden. Davor habe ich am meisten Angst.

    Wenn nächstes Jahr tatsächlich ein Hosen-Konzert wieder unter normalen Bedingungen stattfinden kann, dann werde ich nach Möglichkeit dabei sein und dann ist es mir auch herzlich egal, ob das Konzert in einem Schuhkarton stattfindet, oder im Camp Nou. Und wie wenig Freude muss man im Leben haben, wenn man jetzt schon die Setlist prophezeit - um sich dann, wenn es so weit ist, an der selbst erfüllenden Prophezeiung aufzugeilen? Dieses Forum hier ist echt tot wie Elvis. :(

    Ich muss meiner Buchbesprechung voranstellen, dass dies - wie sicherlich für viele andere hier auch - ein sehr spezielles letztes Hosen-Jahr war. Und dass, obwohl die Vorzeichen ganz anders gelagert waren: Auf die Unplugged-Konzerte (ich hatte Tickets für Köln und die Loreley) hatte ich mich wahnsinnig gefreut. Weil ich damals Wien und das Burgtheater und die initialen Konzerte in der Tonhalle verpasst und mich auf diesen speziellen und für mich neuen Rahmen gefreut hatte. Natürlich würde ein solcher Abend nie den Krawall des SO36-Konzerts aufwiegen können, aber das war auch nie Sinn und Zweck. Außerdem war mein Plan, lieben Freunden einen anderen Zugang zu meinen geliebten Hosen zu gewähren.


    Und dann kam. Tja, Corona.


    Und ich verlor die Hosen zunächst aus den Augen. Da es irgendwie für mich nicht der Krisen-Soundtrack war, den ich gebraucht hatte. Die Hosen haben stets überwiegend große, ernste Themen behandelt und haben vor allem immer an die eigene Stärke in diesem Schweinesystem appelliert. Ich aber brauchte Zerstreuung. Also habe ich wirklich viel Musik gehört, aber wenig Hosen. Als dann ein neues Album in der Luft lag, schlug mein Herz wieder schneller. Ich war gespannt auf das, was die Hosen aus der Situation machen würden. Immerhin kam das Album „spät“ genug, um mehr zu sein, als ein hilfloser Impuls, dem viele Bands gefolgt sind (Bands, die in Teilen freilich auf weniger Rosen gebettet sind als die Hosen). Mein Herz schlug genau so lange schnell, wie sich herausstellte, dass ein neues „Learning English“ in den Startlöchern stand.


    Um es ganz hart zu sagen: Das Album hat mich rund um die Veröffentlichung kalt gelassen, wie ich es sonst nur von Bands kannte, die ich früher mal geil, aber mit der Zeit aus den Augen verloren hatte (Beatsteaks, Muse, Billy Talent, Die Ärzte). Was mich ziemlich erschreckte. Ich wollte nicht, dass die Hosen so mitlaufen. Das ist nicht der Platz, der in meinem emotionalen Kosmos für sie vorgesehen ist. Aber nachdem mir mein Herzensverein Werder Bremen in der härtesten Corona-Phase wie der Fußball allgemein ein wenig entrückt war, so ging es - für den Moment - eben auch mit den Hosen.


    "Hope Street" habe ich dann zu Weihnachten geschenkt bekommen und auch relativ zügig gelesen. Und ich muss ehrlich zugeben, dass ich nie erwartet hätte, dass Campino ein solch nerdiges Fußball-Buch veröffentlicht. Ich selbst bin wirklich ziemlich bekloppt, wenn es um Fußball geht und kann mich da sehr gut reinsteigern - aber das, was Campino betreibt, ist absoluter Wahnsinn. Die Reise in die Wüste. Der Besuch von belanglosen Pokal-Spielen und on top die fehlende Bereitschaft, selbst Familienurlaube nicht einem einzigen verdammten Spiel unterzuordnen. Ich kenne das selber, wie nervös ich werde, wenn ich Werder-Spiele nicht live verfolgen kann - aber wenn das aus einem guten Grund so ist, dann ist das so. Vielleicht ist es zu viel hineininterpretiert, aber auf diese Weise kann Campino eben wunderbar seiner Egozentrik nachgehen. Auch, indem er permanent unterstellt, er selbst habe wirklich Einfluss auf die Leistungen Liverpools. Klar, streng genommen hat das jeder Fan, der im Stadion alles tut, um den eigenen Verein nach vorne zu peitschen, denn nur mit einzelnen ensteht das Kollektiv. Aber es ist halt ein schöner Grund, sich selbst sehr wichtig zu nehmen.

    Und doch hatte ich großes Vergnügen, all das zu lesen. Dieser Wahnsinn, nachts am Kicktipp-Spiel zu sitzen während Corona, um ein Ventil zu finden. Diese komplette Hingabe, diese unzerstörbare Leidenschaft, das hat mich auf eine andere Weise auch sehr beeindruckt. Ich finde es toll, wenn Menschen sich etwas komplett verschreiben können, wenn sie ihre Energie auf etwas verwenden, ohne zu wissen, ob man dafür belohnt wird. Aber ich hätte eben nicht erwartet, dass Campino diesen Wahnsinn so ungefiltert dokumentiert und allein das macht das Buch für mich absolut lesenswert. Zumal es am Ende ja doch viel mehr ist, als nur eine Aneinanderreihung von Spieltagen.

    Wenn Campino den roten Faden "England" immer wieder aufgreift, um seine Familiengeschichte zu erzählen, war ich nicht selten ziemlich gerührt - und musste sehr lachen, dass er noch heute die Namen seiner imaginären Spieler aus Kindertagen erinnert. Ich selbst sitze gerade in diesen Wochen vor Kisten mit unzähligen Briefen aus dem Archiv meines Vaters und fühlte mich wahnsinnig inspiriert, durch Campinos biografische Rückblicke, mich viel intensiver mit dem Leben meines Vaters und der Familie auseinanderzusetzen.

    Hinzu kommt der bekannte Witz, der immer wieder aufblitzt, das Buch wird nie zu ernst oder zu läpsch, Campino schafft es ganz gut, die Spannung aufrecht zu erhalten. Ich bin sehr froh, dass Campino sein erstes Buch nicht dafür genutzt hat, um eine Hosen-Biografie darin zu verpacken. Natürlich kommen ikonische Ereignisse der Hosen-Historie vor, dabei aber nie aus Selbstzweck, sondern immer mit einer Verbindung zu seinem Leben außerhalb der Hosen.

    Durch die sehr detailliert dargestellte Liebe konnte ich letztlich auch meinen Frieden mit der aktuellen "Learning English" schließen, da sie in Kombination mit dem Buch für mich keinen uninspirierten Corona-Schnellschuss mehr darstellt, sondern eine Herzensangelegenheit. Und so bleibt dieses Album für mich vielleicht eher das belanglose Pokalspiel gegen einen unterklassigen Gegner. Aber es immer noch ein "Spiel" meines "Vereins".


    Am Wochenende hat mich ein Freund mit einer interessanten Frage konfrontiert. Wir haben zusammen Musik gehört und sind irgendwann bei den Hosen gelandet, mit denen er selbst nicht so wahnsinnig viel anfangen kann, aber durchaus daran interessiert war, was mich an der Band so fasziniert. Und mich ergo darum gebeten, ihm den Song vorzuspielen, der am besten für mich zusammenfasst, was die Band in meinen Augen ausmacht.


    Puh.


    Ich musste echt lange überlegen, denn da sind so viele Optionen. Aber da es eben bewusst darum ging, nicht den besten, ersten oder schönsten Song auszuwählen, sondern den, der im Prinzip die Essenz der Hosen für mich zusammenfasst, habe ich nach langem Überlegen "Helden und Diebe" genommen. Aus folgenden Gründen: Musikalisch sehr spannend, vor allem mit dem ausführlichen Aufbau durch Kuddels Intro. Ich weiß nicht, ob man in dieses Intro allzu viel hineininterpretieren sollte, aber es stellt für mich schon eine lange Reise dar, ehe der Song losgeht, ganz so, wie die Hosen eben bereits eine lange Vorgeschichte mit sich herumgetragen haben, ehe sie diesen Song schrieben.

    Viel wichtiger sind aber für mich letztlich die inhaltlichen Gründe: Da sind zum Einen die zahlreichen Referenzen zur eigenen Vergangenheit, die nicht verklärt, aber sicher auch nicht verleugnet wird - verbunden mit der fast demütigen Zeile: "Und keiner von uns hätte je geglaubt / Dass uns wirklich jemand folgt". (Da sind wir wieder bei der langen Reise.) Die für mich entscheidende Zeile aber ist: "Und wenn ihr an etwas glauben wollt / Glaubt an euch selbst und nicht an uns". Damit ordnen sie die eigene Bedeutung aus meiner Sicht komplett richtig ein und nehmen den Hörer als mündigen Fan in die Pflicht, nicht zu viel in die Band hinein zu projizieren.

    So fasst der Song für mich zusammen, wo die Band herkommt, welche Angriffsflächen sie im Laufe der Zeit geboten haben - und dass sie gealtert sind, ohne sich permanent hinzustellen und so zu tun, dass sie immer noch die Alten seien.


    Welchen Song würdet ihr unter diesen Gesichtspunkten wählen?

    Du kannst halt nicht die Hanauer Gedenkveranstaltung absagen (bei der sich mutmaßlich die Teilnehmer mehrheitlich an die Regeln gehalten hätten) - um dann einen kollektiven Corona-Regelverstoß mit Ansage zu genehmigen. Natürlich ist das Wasser auf die Mühlen derer, die sich eh schon einer Meinungsdiktaktur unterjocht fühlen und die sich jetzt im Stile der AfD weiter zu Opfern des Mainstreams stilisieren können - aber müssen wir uns darum wirklich Sorgen machen?

    Nö!

    Die letzte Demo dieses "Klientel" hat gezeigt, dass sich die Teilnehmer größtenteils einen Dreck darum scheren, a) mit wem sie da zusammen demonstrieren und b) dass sie durch ihre Handlung andere gefährden. Diese ganzen selbsternannten Opfer sehen doch vor lauter Freiheit die Freiheit gar nicht mehr. Die können ja gerne mal in Belarus oder Venezuela auf die Straße gehen.


    Also: Absage richtig. Zumal viele Menschen echt harte Entbehrungen auf sich genommen haben (eine Kollegin musste ihre Mutter alleine beerdigen, ein Freund konnte seine Großeltern Monate nicht sehen) - es kann nicht sein, dass all diese Menschen so auf die Fresse bekommen, wenn sie sehen, wie ein Kollektiv auf all die Regeln scheißt.

    Die Melodie im Refrain, die merkwürdigen backingvocs, aber vor auch allem die ganze Abmischung des Songs ist für mich eher abschreckend.

    Das von Dir beschriebene ist das kurze Riff vor bzw. nach der Strophe oder meinst Du wirklich die Gitarren unter dem Text?

    Das Riff vor bzw. nach der Strophe. Das finde ich echt saustark. Aber der Song bringt es irgendwie nicht auf Strecke, das ist schon völlig okay als B-Seite.