Also mir gefällt das Album als das, was es ist - eine Mischung zweier völlig verschiedener Musikstile mit einem gemeinsamen Ziel: Dem Gedenken an die „entartete Musik“. Und das halte ich für SEHR gelungen!
Daß es Fans gibt, die das Album ausschließlich der Hosen-Beiträge wegen kaufen, finde ich persönlich auch schade – war aber zu erwarten.
Das besondere dieses Albums ist schließlich nicht, es „als Kaufhaus- oder Unterhaltungsmusik“ nebenbei zu hören, sondern hin- und zuzuhören!
Was mir – muss ich leider sagen – an der einen oder anderen Stelle schwer fiel, da mir Campino teilweise zuviel „krächzt“ (ich konnte in der Tonhalle leider nicht dabei sein – war er damals erkältet/heiser? - Oder empfinde das nur ich so?) Auch, daß seine Ansagen (jedenfalls auf CD) recht leise sind, empfinde ich als kleines Manko.
Nichtsdestotrotz tut das der Sache aber keinen Abbruch – ich mag das ganze Projekt und zolle allen Beteiligten großen Respekt!
Die Orchesterleistung ist GROSSARTIG und neben dem, was dieses Album ausmacht – nämlich der „entarteten Musik“ – die Ursache für die Gänsehaut, die einem das Ganze bereitet (WENN man, wie gesagt, hin- und zuhört und nicht Pogo und Rock´n Roll erwartet.)
„A Survivor from Warsaw“ ist ein echt dicker Brocken – und geht einem so unglaublich nah... Ich hätte nicht gedacht, daß Campino das DERMASSEN überzeugend rüberbringt. Chapeau!
Was die Lieder aus der Feder der Hosen betrifft, passen „Willkommen in Deutschland“, „Sascha“ und „Europa“ ganz klar am besten ins Repertoire. (Wobei ich persönlich mich am meisten über Hesses "Im Nebel" gefreut habe...) Daß „Das Mädchen aus Rottweil“ auf dem Album ist, empfinde ich dagegen als äußerst unpassend. Das war mir schon suspekt, als ich damals hier im Forum gelesen habe, daß es auf den Konzerten gespielt wird. (Vielleicht hat´s dem Orchester Spaß gemacht?! Inhaltlich – find ich – fällt es aus dem Rahmen...)
Ansonsten ein experimentierfreudiges, faszinierendes, wichtiges Unterfangen, dem, gerade in der heutigen Zeit, großes Lob gebührt! - DANKE an alle Beteiligten!!!
By the way... Für mich hat das Ganze noch einen schönen Nebeneffekt: Ein Freund von mir, älteren Jahrgangs (mehr „der Klassik-Hörer“), selbst im künstlerischen Bereich aktiv, konnte mit den Toten Hosen nie was anfangen – was heißt, nie was anfangen... – er fand sie einfach nur laut und furchtbar und hat in Campino im Prinzip bis vor kurzem den saufenden, respektlosen Punkproleten gesehen.
Als er von dem Gedenkkonzert gehört hat, welches natürlich NULL in sein Bild von den Hosen passte, kam allerdings ein gewisses Interesse auf (hat leider auch mit der Vergangenheit seines im KZ inhaftiert gewesenen Vaters zu tun), weshalb ich heute die Gelegenheit genutzt habe, ihm ungefragt die Vinyl zu schenken – auf der ihn Campinos Gesang befremden wird (das weiß ich schon...) – aber allein die Tatsache, wie SEHR er sich über die Platten gefreut hat und wie groß sein Interesse und seine Vorfreude aufs Hören derselben schien, lässt mich innerlich schmunzeln, und ich bin gespannt, wie die Kritik des „Anti-Hosen-Senior“ (mit besonderem, persönlichen Hintergrund zu dem Ganzen) demnächst ausfällt!
(Die interessiert mich wesentlich mehr, als eine oberflächliche aus dem musikexpress…)