Die Frage nach der Sicherheit öffentlicher Veranstaltungen ist eine berechtigte. Soweit sie durch Private ebracht werden, liegt die Entscheidung zu 2G oder 3G bislang noch in ihren Händen. Die Möglichkeit, 2G anzubieten, besteht für die Privatwirtschaft mit Ausnahme der Versorgung mit lebenswichtigen Gütern vollumfänglich und wird ergänzt durch den Anreiz seitens der Politik, im Falle, dass man sich auf 2G beschränkt, praktisch alle Maßnahmen wegfallen zu lassen (wie Abstands- und Hygienekonzept, Maskenpflicht und vergleichbare Schutzmaßnahmen, siehe bspw. § 26a der Corona-Schutzverordnung des Landes Hessen).
Was mir allerdings immer wieder auffällt ist, dass auf beiden Seiten der eher kategorisch eingestellten Lager fundamentale Missverständnisse über den Kenntnisstand und den realiteren Nutzen einzelner Maßnahmen und ihrer Rechtfertigung innerhalb eines freiheitlichen Rechtsstaates bestehen.
Zunächst einmal sind öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel (d. h. wirklich freie Sicht nach oben und zu den Seiten, nicht etwa im Sinne des Art. 8 GG) keine entscheidenden Pandemietreiber, sagt das RKI.
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Konkret: Übertragungen im Außenbereich kommen insgesamt selten vor und haben einen geringen Anteil am gesamten Transmissionsgeschehen.
Zu dem gleichen Schluss kam die Gesellschaft für Aerosolforschung bereits im Dezember letzten Jahres und musste aufgrund der Tatsache, dass ihre Verlautbarungen konsequent ignoriert wurden, mit einem Brief direkt an die politischen Entscheider im April 2021 seinen Erkenntnissen Nachdruck verleihen, siehe hier und hier, ergänzend auch dieses hier.
Was Hygienekonzepte betrifft, so sind dem zuständigen Bundesinstitut für Risikobewertungen bis heute keine Schmierinfektionen bekannt; gleichermaßen stellt das Umweltbundesamt fest, dass eine Übertragung über Wasser ausgeschlossen ist.
Was die Masken betrifft, so handelt es sich am Kriterium naturwissenschaftlicher Beweisbarkeit gemessen um einen komplexen Sachverhalt, dessen Erforschung selten einen Analogieschluss auf weitere Umgebungen zulässt. Über die tatsächliche partikelfiltrierende Wirkung siehe das Positionspapier der GfA. Es besteht zwar Konsens über den relativen Abscheidegrad der jeweiligen Maskentypen nach CE-Normung, allerdings bis heute keiner darüber, welche absolute Menge infektiöser Partikel für eine Übertragung vonnöten ist. Davon allerdings hängt letztlich ab, ob ein Geimpfter mit verringerter Virenlast bei Exspiration kontagiös ist - bzw. umgekehrt, ob die verschiedenen Maskenarten zum Selbstschutz hilfreich beitragen.
Ein aktuelles und gut untersuchtes Beispiel aus den USA aus dem August dieses Jahres: Mit Einhaltung der Verpflichtung zum Maskentragen und mit Abstand von 1,80 m zueinander war der Untersuchung des US-amerikanischen CDC zufolge eine einzelne Lehrkraft imstande, 12 von 24 Kindern ihrer Schulklasse anzustecken.
Für alle in der EU durch die Europäische Kommission auf Vorschlag des CHMP zugelassenen Impfstoffe sieht es in Studien unterschiedlicher Machart hinsichtlich einer verringerten Transmission und einer deutlich verringerten Wahrscheinlichkeit bei Infektion auch hospitalisiert zu werden, gut aus, siehe hier, hier und hier.
Trotzdem - und das ist wichtig - ist es der EMA als zuständiger Behörde für die bedingte Marktzulassung zurzeit aufgrund der Datenlage noch nicht möglich, den Einfluss einer Corona-Schutzimpfung auf die Transmissionsfähigkeit und die Dauer der Immunisierung zu bestimmen, siehe Comirnaty, Janssen, Spikevax und Vaxzevria.
Auszugsweise, aber in den Medical Overviews jeweils ähnlich, heißt es dort:
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The effect of COVID-19 Vaccine Janssen on the spread of the SARS-CoV-2 virus in the community is not yet known. It is not yet known to what extent vaccinated people may still be able to carry and spread the virus.
Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter ins Detail gehen und schon gar nicht langweilen. Aber angesichts dessen, was in vorherigen Beiträgen unter anderem zu lesen war, erlaube ich mir einige abschließende Hinweise.
1. Wer glaubt, ein Arbeitsverhältnis ließe sich deshalb beenden, weil ein Angestellter keine Auskunft über seinen Impftstatus machen möchte oder offenkundig nicht gegen Sars-CoV-2 geimpft ist, hat von grundlegendem Vertrags- und Arbeitnehmerschutzrecht noch nie etwas gehört. Es handelt sich um einen gegenseitigen Vertrag, dessen Beendigung zurecht an hohe Hürden und nicht an spekulative Risiken geknüpft ist.
2. Die Entscheidung, sich impfen zu lassen, ist privatrechtlich eine Einwilligung in die Vornahme eines Heileingriffs, § 630d Abs. 1 BGB. Es handelt sich dabei um eine Gewissensentscheidung, die nach Art. 4 Abs. 1 GG unverletztlich ist und daher mit der Ausnahme kollidierenden Verfassungsrechts nicht einschränkbar ist.
3. Eine solche Gewissensentscheidung sollte jedermann respektieren, unabhängig von eigenem Paradigma oder eine anderweitigen moralischen Herleitung einer Verpflichtung. Wir respektieren sie bei der Religionsausübung genauso wie bei Weltanschauungen - und unser Grundgesetz differenziert dahingehend nicht.
4. Im Gegensatz zu Geimpft- und Genesenennachweisen, die allein auf die Möglichkeit einer verringerten epidemiologischen Bedeutung des Nachweisenden abstellen, erbringt allein ein validierter PCR-Test diesen Nachweis in Form eines Beweises wirklich. Es ist gerade deshalb nach Angaben des RKI eben nicht angezeigt, dass Menschen ohne eine solche Testung Kontakt zu Menschen erhalten, die tatsächlich durch eine Folgeinfektion gefährdet wären. Sowohl die Impfung als auch eine vorangegange Erkrankung senken die Hospitalisierungswahrscheinlichkeit sowie (siehe oben) die Transmissionsfähigkeit (Kontagiosität). Es handelt sich dabei jedoch um eine relative Risikoreduktion, wohingegen eine Genomuntersuchung einen absoluten Erregernachweis darstellt. Dies gilt ausdrücklich nicht für Antigenschnelltests. Deren Wirksamkeit, in Anbetracht der konsequenten Ignoranz ggü. wichtigen Anwendungshinweisen wie der Vortestwahrscheinlichkeit, sieht man z. B. in Hamburg: Von 753.000 Antigenschnelltests innerhalb der zweiten Juni-Woche dieses Jahres waren 218 positiv, von denen sich in der Folge vermittels PCR-Testung nur 44 bestätigen ließen, was kurzerhand eine Falsch-Positiv-Rate von knapp 80 % ergibt.
5. Der immer wieder geäußerte Verweis auf eine ungeschriebene Solidarverpflichtung hinkt. Bis heute erwartet niemand zugunsten anderer periodischer Infektionskrankheiten eine Vollimpfung der Allgemeinheit. Genauso wenig verlangt man den Betroffenen der mit 40 % aller jährlich Versterbenden die Haupttodesursache in Deutschland darstellenden Herz-Kreislauf-Erkrankten im Vorhinein ab, ihren Lebensstil in einen gesunden zu verwandeln. Ebenfalls nach Angaben des RKI sind dies nämlich allein auf das Risiko bezogen 25 % der deutschen erwachsenen Bevölkerung, die adipös ist. Geschätzt 15,4 % aller Krebserkrankungen (zweithäufigste Todesursache in Deutschland) weltweit sind infektiologischer Natur (viral, bakteriologisch, parasitär).
6. Die Idee, Menschen aufgrund ihrer individuellen Überzeugungen aus der Gesellschaft zu exkludieren oder auf indirektem Wege einen Zwang zu erzeugen, sollte im Hinblick auf die Tatsache, dass sie dadurch in ihrer Freiheit der Person, Art. 2 Abs. 2 GG, eingeschränkt werden, zumindest hinreichend begründet werden. Der pauschale Verweis auf die abstrakte Gefährdungsvermeidung genügt dafür nicht. Sowie die Einstellung der Kostenübernahme der Antigenschnelltests ("Bürgertestungen") damit begründet wird, dass jedem Bürger ein individuelles Imfpangebot unterbreitet werden konnte, sollte diese Argumentation auch in umgekehrter Richtung für die Nichtannahme des Angebots gelten. Vom medizinischen Standpunkt aus betrachtet, ist mehr Schutz als durch einen der verfügbaren Impfstoffe auf absehbare Zeit nicht zu erlangen. Da in diesem Falle nur noch die sich gegen eine Impfung Entscheidenden nennenswert gefährdet sind, stellt dies keine Angelegenheit der Allgemeinheit dar. Denn neben dem Recht, eine Heilbehandlung abzulehnen, gibt es ein diesem Gedanken zugrundeliegendes Recht auf Krankheit, so abstrus das erst einmal wirken mag. Die Selbstbestimmung als Ausdruck der Menschenwürde ist nun einmal aller staatlichen Gewalt höchstes Rechtsprinzip. Kinder stellen die Ausnahme von dieser Argumentation dar. Es sei jedoch angemerkt, dass seit Beginn der Pandemie insg. 88 Kinder aufgrund einer Erkrankung mit Sars-CoV-2 auf der Intensivstation behandelt wurden (siehe Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie) und dass dies angesichts einer Gesamtzahl 14 Mio. Kindern in Deutschland keine grds. Beschränkung eines Großteils des öffentlichen Lebens und seiner Bestandteile rechtfertigen kann, worauf die Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin unmissverständlich hingewiesen hat.
Der Verfasser ist geimpft und sieht in der Impfung keine Bedrohlichkeit für seine persönliche Gesundheit.