Neues ZSK Album "Hass↯Liebe" erscheint am 10.02.2023

Das neue Album ist das vorläufige Meisterwerk einer Band, die stets ein eindringliches Gespür für die Themen der Zeit hatte und diese mit eindeutiger Haltung zu verhandeln wusste. Indem ZSK musikalisch so vielseitig wie noch nie Liebe, Aufruhr, Unbestechlichkeit gegen die Grundübel der Zeit setzen, liefern sie den Soundtrack zum Durchhalten.


Ihr insgesamt 7. Album im 25. Karrierejahr beginnt die Berliner Band ZSK mit einem schneidenden, mitreißenden Riff, ehe zu einem getragenen Beat gewissermaßen das Enumerationsprinzip auf Punkrock angewendet wird: „Ökosystem vor dem Kollaps, die Polkappen schmelzen im Meer”, heißt es, „bald steht Berlin unter Wasser, wie sollen wir das alles erklären?“


Dieses tragische Fanal einer Welt im Angesicht der Klimakatastrophe singt ZSK-Sänger, -Texter und -Vordenker Joshi mit maximaler Energie, Wut und vor allem: wahnsinnig gut. Weshalb wir heute ausnahmsweise zunächst mal „nur über die Musik“ auf dem neuen ZSK-Album „Hass/Liebe“ schreiben, die gemeinsam mit dem Album-Vorgänger „Ende der Welt“ nochmals auf ganz besondere Weise die beeindruckende Entwicklung dokumentiert, die diese Band in den vergangenen Jahren durchlaufen hat.


Nehmen wir also einfach mal den Opener „Darwin“: Mit seinem vortrefflichen Gespür für Dynamik und dem clever gesponnen dramaturgischen Bogen zum explosiven Refrain belegt der Song eindrucksvoll, wie ZSK sich auf ihrem langen Weg aus den linken Zentren der Provinz zu einer der großen deutschen Rockbands mit Punk-Background, Arena-Appeal und Sendungsbewusstsein entwickelt haben. Das kennt man sonst in dieser Form vor allem von amerikanischen Bands wie Rise Against, Anti-Flag oder Bad Religion.


Nach Auftritten im Vorprogramm dieser Legenden oder auch bei den Toten Hosen und zahlreichen anderen sowie nach unzähligen eigenen Headliner-Touren und Festivalauftritten befinden sich ZSK nun auf dem vorläufigen Peak dieser Entwicklung. Davon künden der verschachtelte Party-Riffrock von „Ich liebe dieses Leben“ oder der grandiose Pop-Hit „Scheißtyp“, im Duett mit der großartigen Romana Aufinger von der Karlsruher Band Attic Stories.


Das neue ZSK-Album „Hass↯Liebe“ erzählt davon, wie man gleichzeitig wütend und durchaus auch mal verzweifelt sein kann wegen der zahlreichen katastrophalen gesellschaftlichen und politischen Rückentwicklungen überall auf der Welt, ohne indes jemals zu resignieren oder die Hoffnung zu verlieren. Insofern stellen ZSK auf „Hass/Liebe“ Wut und Trauer neben Liebe, Solidarität, Aktivismus, Empathie und Optimismus. „Es ist ein Album zum Durchhalten, zum Feiern und vor allem zum Rausschreien der ganzen Wut“, sagt Joshi.


Dabei wollten ZSK eigentlich gar nicht schon wieder ein neues Album machen, sie hatten ja eben erst eins veröffentlicht. Und was für eins: 24 Jahre nach Bandgründung war ZSK mit „Ende der Welt“ 2021 das bislang erfolgreichste Album ihrer Geschichte gelungen – Platz drei in den deutschen Charts, mehr verkaufte Exemplare als je zuvor. „Als die Nachricht kam, dachten wir zunächst, die Plattenfirma nimmt uns auf den Arm“, sagt Joshi.


Womöglich wäre das Album sogar noch erfolgreicher geworden, doch Konzerte konnten pandemiebedingt weiterhin nicht stattfinden. Also machten ZSK aus der Not eine Tugend und gingen kurzerhand direkt wieder ins Hannoveraner Horus Sound Studio. Gute Entscheidung! Das am 10. Februar erscheinende „Hass↯Liebe“ ist das bislang vielleicht ambitionierteste Album dieser Band – sofern man es denn überhaupt von „Ende der Welt“ trennen kann. Inhaltlich und musikalisch könnte man durchaus von einem Werk-Zyklus sprechen.


Foto: Carsten Janke


Die Vorgeschichte von „Hass↯Liebe“ ist exemplarisch für den bisherigen Weg von ZSK, der geprägt ist von Improvisationsgeist, Kreativität und energischem Durchhaltewillen. Seit der Gründung der Band 1997 in Göttingen ist eine Menge passiert: „Die ersten zehn Jahre haben wir richtig Scheiße gefressen“, sagt Joshi. ZSK haben bei den meisten Konzerten draufgezahlt, auf sämtlichen vorstellbaren Fußböden übernachtet, waren chronisch pleite und haben trotzdem immer weitergemacht. „Unsere Liebe zu dieser Musik war uns stets Antrieb genug“, sagt Joshi, „ob 50 Leute zum Konzert gekommen sind oder 500, war uns lange Zeit egal.“


Über die Jahre haben ZSK sich kontinuierlich professionelle Strukturen aufgebaut, wobei sie sich auf eine stetig wachsende Fanschar verlassen konnten. Aktuell spielen sie auf ihren Tourneen überall in Deutschland oft vor über 1000 Leuten am Abend, haben aber auch ihre Wurzeln nicht vergessen. „Bei unseren DIY-Auslandstourneen mit befreundeten Bands spielen wir dann zum Beispiel zwischendurch in einem kleinen linken Jugendzentrum, das von der Schließung bedroht ist, und verzichten auf eine Gage“, sagt Joshi. „Wir verbrennen krass viel Geld auf Touren im Ausland, aber es ist ein Riesenspaß und das ist uns die Sache wert.“


Die grundsätzliche Haltung und die Leidenschaft sind also geblieben, sie begründen die Wurzeln dieser Band. Diese Ebene ist nach wie vor ein Teil von ZSK, sie ist aber eben auch nur eine Facette ihres vielschichtigen Wirkens. „‚Antifascista‘ ist unser größer Hit, und natürlich sind wir gegen Nazis, aber welcher halbwegs vernünftige Mensch ist das denn bitte nicht?“, fragt Joshi rhetorisch. Jedenfalls lässt sich aus dieser Haltung bei ZSK kein klischiert stereotyper Lebenswandel oder musikalischer Stil abwandeln. „Wir sitzen nicht den ganzen Tag in der Köpi und schmeißen Steine“, sagt Joshi, „sondern wir sind Musiker und kommunizieren in den Songs, was uns beschäftigt und stört, aber auch, was uns gefällt.“


Aktuell steht ohnehin zu viel auf dem Spiel, um sich mit Deutschpunk-Szenedebatten aufzuhalten. Der Hass und die Polarisierung im Netz, die faschistische AFD im Bundestag, Krieg in Europa, Klimakrise, Coronapandemie: Eine Gemengelage, die die Perspektive einer wachen, politisch engagierten Band wie ZSK zwangsläufig verändern muss, sofern der Aktivismus nicht einem ritualisierten Selbstzweck dienen soll.


Als Punk einfach nur dagegen zu sein und vieles in Frage zu stellen, reicht längst nicht mehr. In einer Zeit, in der einst linke Codes und Protestformen von der neuen Rechten missbraucht und besetzt werden, sind Kreativität und Flexibilität gefragt. So wie im Juli 2020, als ZSK mit „Ich habe Besseres zu tun“ eine Hommage an den von selbsternannten Querdenkern und der Springer-Presse diffamierten Virologen Christian Drosten schrieben und ihm eine Single des Songs vor der Berliner Charité überreichten.



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Auch auf dem neuen Album „Hass↯Liebe“ geht es darum, die Dinge im Blick zu behalten, die bei aller Finsternis positiv sind. Es gebe schließlich Initiativen wie „Fridays for Future“, „Ende Gelände“, „Sea-Watch“, sagt Joshi, linke und liberale gesellschaftliche Strukturen, die stabil sind. „Wenn man sich das ab und zu in Erinnerung ruft, fällt es auch gleich viel leichter, den destruktiven Rest zu ertragen“, sagt er.


Musik gegen Verzweiflung: Im Titelsong „HassLiebe“ geht es zwar um die Dynamik einer toxischen Beziehung zur digitalen Welt, er taugt aber auch als Metapher für die emotionale Vielstimmigkeit der menschlichen Existenz. Wir alle sind multiple Charaktere, nichts ist jemals nur schwarz oder weiß. „Das ist einer meiner absoluten Lieblingssongs“, sagt Joshi, „wir spielen ihn bereits live. Du schreibst einen Song, aber ob der dann auch auf der Bühne funktioniert, kannst du nicht wissen. Bei ‚HassLiebe‘ sind von Anfang an alle gesprungen.“


So geht es weiter. Die personell mit dem neuen Gitarristen Arne bestens aufgestellten ZSK – außerdem sind weiterhin Bassist Eike, Schlagzeuger Matthias sowie natürlich Joshi dabei – setzen mit „Beratungsresistent“ einen klassischen Hochgeschwindigkeits-Punkrocker auf die Überholspur und bringen somit das nötige Maß an Wut über jene Verschwörungsgläubigen auf, die gesellschaftlichen Diskurs und Zusammenhalt vergiften.


„Himmel“ ist dann noch mal Überholspur, Joshi ist jetzt am Limit und platzt beinahe vor Energie in dem Versuch, das Entsetzen und die Fassungslosigkeit darüber auf den Punkt zu bringen, dass es im Jahre 2022 tatsächlich einen Krieg mitten in Europa geben kann. Elegische Gitarrenläufe, ein treibender Beat, ein düsterer Chor. Das andere Ende der Skala leuchten ZSK schließlich mit „Und ich höre dich atmen aus“: eine akustische Ballade mit Country-Einfärbung, die zwischen Up-tempo und getragener Strophe changiert und einmal mehr das Gespür dieser Band für vortreffliche Dramaturgien und Dynamik belegt.


„Und ich höre dich atmen, ganz leise neben mir/Egal, wo du bist, ich finde immer zu dir“, singt Joshi. „Ich bewach deinen Schlaf, damit dir nichts passiert/Ich bin hellwach, liege immer noch hier“.


Um jenes Leid zu beschreiben, was sich bisweilen aus der kombinierten Last aller Probleme, Zweifel, Mängel und Verantwortlichkeiten ergibt, die mit der menschlichen Existenz einhergehen, spricht man im englischen Sprachraum vom „Weight of the world“.


Das komplette Gewicht der Welt auf seinen Schultern zu tragen, so kann es sich für verantwortungsbewusste Punkrocker wie ZSK bisweilen anfühlen in diesen Tagen. Die beste Rezeptur dagegen sind natürlich weiterhin Liebe, Aufruhr, Weitermachen. Der Soundtrack dazu findet sich auf dem neuen ZSK-Album „Hass↯Liebe“.

Text: ZSK/Skatepunks