Ich hatte schon öfters bei dem ein oder anderen Song den Gedanken: Hey, dazu gibt es bei den Hosen doch ein Pendant, eine Vorgeschichte oder einen weiterführenden Ansatz. Da sich diese Eindrücke mit der Zeit vermehrt haben, habe im Folgenden mal Hosen-Song-Paare aufgelistet, die für mich eine "Beziehung" zueinander haben.
Wie immer fände ich es spannend, wenn diese ergänzt wird - oder wenn jemand das vielleicht auch komplett anders sieht. Also dann, Feuer frei!
Auf Reise ~ Alles mit nach Hause
Beschreiben beide Reise-Eindrücke, aber das, was die jeweliigen Protagonisten daraus ziehen, könnte unterschiedlicher nicht sein. "Auf Reise" ist letztlich eine bitter-zynische Abrechnung eines Pauschalurlaubes, mündend im fatalen "Man will nie wieder dort hin". Alles, was man mit nach Hause nimmt, ist "ein Koffer Erde" und die Zeitung von gestern. "Auf Reise" ist das Reisen des Abhakens willen. Ganz anders "Alles mit nach Hause". Hier geht es um das Reisen selbst, der Weg ist das Ziel. Was der Held hier mitbringt sind Geschichten, Erinnerungen und Begegnungen, die in keine Instagram-Story passen. Beide Songs gefallen mir sehr gut, auch wenn "Alles mit nach Hause" freilich in einer ganz anderen Liga spielt.
Wir bleiben stumm ~ Altes Fieber
Beide Lieder schauen zurück. Beide sind auf ihre Weise nostaglisch, "Altes Fieber" aber final konsequent, während "Wir bleiben stumm" die Nostalgie letzlich gegen ein Resüme eintauscht. Irgendwie fand ich "Wir bleiben stumm" lange schräg, weil mir diese harsche Abrechnung "Denn es gibt kein gemeinsames Ziel" ein bisschen zu viel vorkam. Mittlerweile aber finde ich das Lied eine vortreffliche Momentaufnahme, die man rund um die nahende oder anstehende Lebensmitte vornimmt. Da sind wirklich einige Wegbegleiter auf der Strecke geblieben, die vielleicht mal wichtig waren - aber nicht mehr wichtig sind, weil man eben komplett andere Vorstellungen vom Leben hat, sich weiterentwickelt oder andere Prioritäten setzt. Da kann ich mich nun sehr gut wiederfinden.
"Altes Fieber" ist dann wiederum denen gewidmet, mit denen es, quasi, noch ein "gemeinsames Ziel" gibt, gepaart mit romantischer Nostalgie, fast wehmütig, aber auch dankbar, dass man es zusammen so weit geschafft hat. "Altes Fieber" war das erste Hosen-Lied, das mich beim Erstkontakt zu Tränen gerührt hat. Dafür wird es immer einen Platz in meinem Herzen haben. Was nichts daran ändert, dass ich auch "Wir bleiben stumm" ganz wunderbar finde.
Hier kommt Alex ~ Bye, bye Alex
Dieses Paar ist selbserklärend. Die brilliante Klammer der wunderbaren "Horrorschau". Fand den Reprise-artigen Übergang vom Intro hin zum bekannten "Alex"-Riff schon immer mega geil, auch wenn "Bye, bye Alex" jetzt nicht zwingend ganz oben auf meiner To-do-Liste steht.
Glückspiraten ~ Draußen vor der Tür
Auch diese Symbiose erzählt sich eigentlich selbst - "Glückspiraten" ist voll von Verachtung und mangelndem Respekt, gekränkter Autorität, "Draußen vor der Tür" die Versöhnung ("...der Wind hat sich gelegt"). "Glückspiraten" ist eine Perle, auch weil Campino die Worte so verächtlich ausspuckt, wie sie gemeint sind und der Solo-Part gehört für mich definitiv zu Kuddels Sternstunden. "Draußen vor der Tür" ist für mich aktuell sehr wichtig, auch wenn das Lied vielleicht nicht ganz so berührt wie "Nur zu Besuch". Aber wenn man die beiden Songs verknüpft (also "Glückspiraten" und "Draußen vor der Tür"), dann trifft Letzterer genau den richtigen Ton.Bonnie & Clyde ~ Die Schöne und das Biest
Gefühlt bringt "Die Schönes und das Biest" die Story von Bonnie & Clyde zu Ende. Mit der bitteren Pointe, dass sich das Paar selbst zerfleischt, statt vom Rest der Welt.
Wort zum Sonntag ~ Helden und Diebe
"Wie oft wollt ihr noch das Wort zum Sonntag hören?" - eine Message an alle, die glauben, die Hosen würden sich lächerlich machen, wenn sie heute noch selbiges singen. Eigentlich mag ich diese Onkelz'esken "Wir gegen den Rest der Welt"-Ergüsse nicht sonderlich, aber dieser Song hat mit seinem atmosphärischen Intro und dem gelungenen Text für mich absolut seine Daseinsberechtigung. Ich finde, "Helden und Diebe" gibt die einzig richtige Losung in dieser Diskussion aus: "Und wenn ihr an etwas glauben wollt, glaubt an euch
selbst und nicht an uns." Das "Wort zum Sonntag" ist neben "Mehr davon" in meiner Allzeit-Top-3 und bringt die Hosen-DNA brilliant auf den Punkt.
Die 10 Gebote ~ Beten
Beide Lieder suchen das direkte Gespräch mit Gott. "Beten" finde ich dabei inhaltlich spannender, da sich das lyrische Ich hier deutlich stärker mit seinem Gegenüber auseinandersetzt. Dieser innere Konflikt, "seinen" Ort aufzusuchen, der ihm eigentlich so fremd ist. Am Ende finde ich beide Lieder eine ziemlich gute Annäherung an das sehr schwere Thema "Glauben". Musikalisch habe ich "Beten" gerade noch mal neu für mich entdeckt. Die Gitarrenarbeit im Refrain ist überragend!
Teil von mir ~ Oberhausen
Zusammen ergeben diese beiden Stücke eine spannende Beobachtung ab über das Phänomen, das vielleicht jeder von uns schon mal im erweiterten Bekanntenkreis gemacht hat: Frauen, die schlecht von ihrem Partner behandelt werden, aber paradoxerweise einfach nicht los von dem Kerl kommen: "Und sie vergisst, wie's mit ihm war in all den bösen Jahren" vs. "Woran denkst du... oder an Schläge, Blutergüsse, aufgeplatze Lippen und Schläfen." "Oberhausen" war nie mein Lied, "Teil von mir" hingegen finde ich stark.
Wir sind der Weg ~ Wie viele Jahre "Wir sind der Weg" flirtet schon sehr heftig mit "Alles mit nach Hause", aber da bei Ersterem die Gruppe im Fokus steht und nicht die individuelle Heldenreise, sehe ich die Verknüpfung eher bei "Wie viele Jahre", das den Faden aufgreift - "Wir haben unser Leben noch lange nicht gelebt", aber: "Wie viele Jahre kann das so weitergehen?"